Man kann im Rückblick vielleicht von einer Massen-Hysterie sprechen: »Beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) sind am Freitag erste Regressansprüche und Schadenersatzforderungen von Fernsehzuschauern wegen »verbogener Gabeln« und »zertrümmerter Besteckteile« eingegangen«, berichtete die Deutsche Presse-Agentur (dpa) Anfang 1974. »Anlass dazu ist die am Donnerstagabend aus der Oberrheinhalle in Offenburg ausgestrahlte ZDF-Show Drei mal Neun.«
Was war da passiert? Uri Geller, ein junger Israeli mit Föhnfrisur, ist am 17. Januar 1974 - vor 50 Jahren - beim ZDF zu Gast und zeigt live eine Mischung zwischen Grenzwissenschaft und Jahrmarktspektakel.
Geller nimmt bei diesen Vorführungen Löffel und Gabeln in die Hand, starrt sie an und reibt sanft am Griff, bis sie sich verbiegen. Nicht selten bricht auch eine Hälfte ab. Ohne Gewalt, ohne Hitze, allein durch die Kraft der Gedanken - so beteuert er immer wieder. »Ich muss ein Gefühl für das Objekt haben«, hat er mal dabei erklärend gesagt.
Zauber oder Scharlatanerie?
Um Skeptikern zuvor zu kommen, lässt er andere das Besteck anfassen: »Fühlen Sie? Keine Wärme!« Am 17. Januar zur besten Sendezeit läuft der »Löffel-Trick« erstmals vor einem großen westdeutschen Publikum.
Geller ist mit diesen Auftritten weltberühmt und wohlhabend geworden, obwohl ihm Skeptiker seit Jahrzehnten Scharlatanerie vorwerfen. Einer seiner schärfsten Verfolger war der Zauberkünstler und Wissenschaftskritiker James Randi (1928-2020).
Im TV-Sender »Welt der Wunder« zeigte er seine Erklärung: »Wenn man den Löffel in beiden Händen hält, dann kann man ihn biegen.« Der Rest sei dann eine Sache von Augenkontakt, Ablenkung und richtigem Präsentieren des Löffels.
Premiere in der Küche
Mit fünf Jahren hat der jüdische Künstler Geller erstmals einen Löffel verbogen, wie er der dpa in Tel Aviv 2021 anlässlich seines 75. Geburtstags erzählt hat. »Ich habe mit meiner Mutter in der Küche Suppe gegessen.« Da sei es passiert. »Und dann dachte ich, jeder kann das machen.«
Anfang der 1970er Jahre mit Mitte 20 ist er kommerziell erfolgreich mit seinen »Fähigkeiten«, wie er sie nennt: neben Besteck verbiegen etwa auch das Anhalten und In-Gang-setzen von Armbanduhren. Das passt eben gut in die Zeit: Die westlichen Gesellschaften sind damals neugierig auf Parapsychologie, PSI-Kräfte, Grenzwissenschaft.
Man mag dem Phänomen Uri Geller gegenüberstehen wie man will. Aber unbestreitbar arbeiten sich bis heute Forscher an ihm ab. Ein kleiner Auszug ihrer Erklärungen: Chemikalien, Hitze, weiches Alumaterial.
Mit Gabel und Löffel vor der Glotze
Geller hat immer Menschen fasziniert. Beim ZDF ging 1974 eine Flut Tausender Anrufe ein. Großteils Menschen, die die Kräfte bestätigen wollten. Sie hatten sich zumeist mit Gabel oder Löffel vor die Glotze gesetzt und danach nach eigenen Worten plötzlich ein verbogenes Stück Besteck in der Hand gehalten.
Noch krasser ein Fall aus der Schweiz, über den die Nachrichtenagentur SDA am 24. Januar 1974 berichtete: Eine gelähmte Zuschauerin des Spektakels konnte angeblich nach 20 Jahren wieder gehen. Der Fall sei »klinisch überprüft«, so die SDA. Die These, dass tatsächlich Uri Gellers Vorführung hinter der Heilung steckte, gilt allerdings als Unsinn.
Fragt man Geller, was er da mit so einer Gabel macht, hat er eine einfache Antwort. Er denke sich gar nichts dabei. »Heutzutage habe ich mich so daran gewöhnt. Ich befehle ihr einfach, sich zu biegen.«