Noch immer gibt es keine Entscheidung in dem umstrittenen Tal-Gesetz, das Charedim bislang vom Militärdienst befreite. Im August war es vom Obersten Gerichtshof für verfassungswidrig erklärt worden. Jetzt sorgt ein vorläufiger Regierungsbeschluss für Unmut in Israel. 1300 Jeschiwa-Schüler sollen – statt die olivgrüne Uniform anzuziehen – Zivildienst leisten.
Die Entscheidung, so die Regierung, soll den sinkenden Zahlen der Zivildienstleistenden entgegenwirken. Nachdem das Tal-Gesetz für unwirksam erklärt wurde und politischer Wandel auf sich warten lässt, entscheiden sich immer weniger junge Männer für die Armee-Alternative. Statt mehr als 2000 im August dieses Jahres gibt es heute lediglich noch 1450 Zivis.
Aktivisten Das sei kein Grund, die Charedim weiterhin aus ihrer Verantwortung zu befreien, meinen die Befürworter einer Einberufungsreform. Für sie ist der jüngste Beschluss ein Schlag ins Gesicht. Aktivisten bauen aus Protest dagegen am zentralen Bahnhof von Tel Aviv an der Arlosoroff-Straße ein Zelt auf. Die Männer und Frauen vom »Suckers Tent« haben allesamt ihren Militärdienst abgeleistet und meinen, sie seien »Blödmänner«, ihr Leben riskiert zu haben, weil andere sich leicht davor drücken können – mithilfe von oben.
Doch auch aus den Reihen der Armee hagelt es Kritik. Ex-General Elazar Stern, heute Mitglied der neuen Partei Zipi Livnis, »Hatnua«, erklärte, dass damit jegliche Möglichkeit zerstört werde, eine wirkliche Lösung zu finden. »Viele Anführer der ultraorthodoxen Gemeinde sind bereit, einen Kompromiss einzugehen.« Doch die Regierung schere sich nur um den Ausgang der kommenden Knessetwahlen. Livni selbst bezeichnete die Regel als »unglaublich und unmoralisch«.
Einer der vehementesten Verfechter der Reform ist der Politikneuling Yair Lapid. Auf der Agenda seiner Partei »Jesch Atid« steht die Gleichheit zwischen Säkularen und Ultraorthodoxen in Sachen Militärdienst ganz oben. Er will vor den Obersten Gerichtshof ziehen.
Der Ex-Nachrichtensprecher meint, es sei pure Augenwischerei, dass die Regierung die Jeschiwa-Studenten von der Armee befreit und die Zahl der Zivildienstleistenden dafür nur wenig erhöht. Lapid bat den scheidenden Verteidigungsminister Ehud Barak, der neuen Politik in keinem Fall zuzustimmen. Nur dann könne er seinen Posten hoch erhobenen Hauptes verlassen.