Zehntausende Menschen haben am Samstagabend in Tel Aviv und anderen israelischen Städten gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu demonstriert. Sie forderten ernsthaftere Bemühungen um die Freilassung der von der islamistischen Hamas verschleppten Geiseln. An diesem Sonntag ist es genau sechs Monate her, dass Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen den Süden Israels überfielen, knapp 1200 Menschen töteten und weitere 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppten.
Einer der Redner in Tel Aviv erinnerte an Netanjahus Bruder Joni, der 1976 als Elitesoldat bei der Befreiung von Geiseln aus einem von palästinensischen und deutschen Terroristen entführten Flugzeug ums Leben gekommen war. »Und was ist mit dir, Bibi?«, fragte er, Netanjahu mit der Kurzform seines Vornamens ansprechend. »Was hast du getan? Was wird dein Erbe sein? Nichts als politischer Spin und Intrige (...) wird dein Erbe sein.«
Die Demonstranten entzündeten mehrere Feuer auf der Straße. Polizisten schritten ein und löschten sie mit Feuerlöschern. Dabei kam es zu Zusammenstößen zwischen Beamten und Demonstranten, wie Medien berichteten. An einer anderen Stelle überfuhr ein Auto offenbar mutwillig drei Kundgebungsteilnehmer, die Verletzungen erlitten. Die Polizei nahm den Fahrer des Wagens fest.
Demonstrationen gab es auch in Jerusalem, Haifa, Beerscheba, Herzlija und in Caesarea vor einer Privatvilla Netanjahus. Nach Medienberichten handelte es sich am Samstag um den größten Protest seit dem 7. Oktober, als das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels den Gaza-Krieg auslöste. Israels Streitkräfte reagierten mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. dpa/ja