Herr Kelly, Sie laufen am Freitag den Ein-Gedi-Halbmarathon in Israel. Was ist das Besondere an dem Rennen?
Die Lage und das Klima beim Lauf entlang des Toten Meeres sind einzigartig. Mit 428 Metern unter dem Meeresspiegel ist es der tiefste Punkt der Erde. So »tief« bin ich bis heute nicht gelaufen. Es wird eine ganz neue Erfahrung. Mein bisher tiefster Ort war der Startpunkt des »Badwater Run«, ein Ultra-Marathon quer durch das Tal des Todes in den USA. Es geht bei 85 Metern unter dem Meeresspiegel los. Da waren es früh um 6 Uhr schon 35 Grad im Schatten.
Wie haben Sie sich auf den Lauf in der israelischen Wüste vorbereitet?
Die letzten Wochen bin ich in Deutschland gewesen, deswegen konnte ich nur bei winterlichen Temperaturen trainieren. Ich komme erst kurz vor dem Start zum Lauf in den Negev, das macht es für den Körper nicht einfacher. Generell sind die Klimaunterschiede vor einem Wettkampf das Schwierigste. Aber dann muss man einfach die Zähne zusammenbeißen und weiterrennen – und hoffen, dass der Körper sich schnell auf den ersten Kilometern akklimatisiert.
Als Sie gefragt wurden, ob Sie an dem Lauf teilnehmen wollen, haben Sie nicht lange gezögert.
Ja, der Ort reizt mich schon seit Langem. Ich habe bereits viele Wüsten weltweit durchquert, unter anderem die Gobi, Atacama, Sahara und Namibia. Aber das Gebiet um das Tote Meer in Israel ist für mich komplettes Neuland. Ich freue mich wahnsinnig auf den Wettkampf.
Waren Sie schon mal im Heiligen Land?
Nein, noch nie! Deshalb bin ich auch so gespannt, weil ich schon viel darüber gelesen und gehört habe. Ich wollte immer einmal nach Israel, mir Jerusalem ansehen, die Klagemauer, die 4000 Jahre Geschichte, die man dort an jeder Ecke einatmen kann. Das muss fantastisch sein, alles einmal mit eigenen Augen zu sehen. Und das Ganze mit einem Wettkampf durch die israelische Wüste zu verbinden, macht die Sache für mich noch reizvoller.
Haben Sie einen Tipp für die Couch Potatoes: Wie kann man seinen inneren Schweinehund überwinden und regelmäßig trainieren?
Das Wichtigste ist, sich feste Trainingstermine zu setzen und auch einzuhalten. Am einfachsten ist es, für das Laufen einfach eine halbe Stunde früher aufzustehen, das kann man immer und überall – zu Hause, auf Dienstreise, im Urlaub. Und nicht das Zeitmaß ist entscheidend, sondern die Ausdauer. Das verdrängen viele enthusiastische Laien gerade am Anfang ihrer Einheiten und wundern sich dann, dass ihnen schon nach einer halben Stunde die Luft ausgeht.
Was war der härteste Wettkampf, den Sie je absolviert haben?
Ich habe eine Menge Wettkämpfe gemacht, die mich bis an den Rand der körperlichen Erschöpfung gebracht haben: 400 Kilometer auf Skiern bis zum Südpol, der Ultra-Marathon durchs Tal des Todes, das Fahrradrennen »Race Across America« mit 5000 Kilometern durch die USA und erst jetzt mein längster Ultra-Lauf mit 440 Kilometern durch die Wüste von Namibia. Jeder Wettkampf ist für sich einzigartig. Was bleibt, sind einmalige Erinnerungen an exotische Plätze auf dieser Welt, die man so in keinem Reisebüro buchen kann.
Sie haben einmal innerhalb von einem Jahr acht Ironman-Rennen absolviert – pro Wettkampf sind das 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen. Rennen Sie vor etwas weg – oder auf etwas hin?
Ich laufe einfach immer weiter. Wenn man einmal mit dem Laufen angefangen hat, steckt man sich seine Ziele jedes Mal höher. Das geht jedem passionierten Langstreckenläufer so. Hat man erst einmal eine Wüste durchquert, reizt einen unmittelbar die nächste. Man kann dieses Gefühl nicht nachempfinden, wie man sich über eine solche Distanz quälen muss, sich selbst immer wieder motiviert, Schmerzen verdrängt – um dann am Ende durch das Ziel zu laufen. Das sind einzigartige Momente, die für immer im Gedächtnis bleiben und einen stark machen für die Banalitäten des Alltags.
Die Fragen an den Sportler und Musiker stellte Philipp Peyman Engel.
www.dead-sea-wonder-of-nature.com/de/event/die-ein-gedi-rennen
Joey Kelly, 1972 in Spanien geboren, wurde zunächst als Bandmitglied der Kelly Family bekannt. Heute tritt er als begeisterter Sportler in Erscheinung und testet bei anspruchsvollen Ausdauer-Wettkämpfen seine Grenzen aus. Er nahm unter anderem am 5000 Kilometer langen Radrennen Race Across America und dem Iditasport-Ultramarathon durch die Eiswüste von Alaska teil. Zuletzt durchquerte er in drei Wochen die USA – ohne einen Cent in der Tasche. Was er dabei alles erlebte, hat er in seinem aktuellen Buch »America For Sale. Tagebuch einer ungewöhnlichen Reise« aufgeschrieben (Rowohlt-Verlag).