Jerusalem

Yehuda Bauer ist tot - »Haben wir aus der Geschichte gelernt?«

Mehr als 40 Bücher hat der israelische Historiker Yehuda Bauer veröffentlicht. Foto: imago images/TT

Der israelische Historiker Yehuda Bauer ist tot. Er starb am Freitag mit 98 Jahren in Jerusalem, wie die International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) mitteilte. Bauer galt als einer der bekanntesten Holocaust-Forscher der Welt.

1926 in Prag geboren, konnte Bauers Familie am Tag des Einmarsches der deutschen Wehrmacht emigrieren. Bauer studierte Geschichte und lehrte später unter anderem an der Yale University. Von 1996 bis 2000 leitete er das internationale Zentrum für Holocaust-Studien an der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem. Er veröffentlichte über 40 Bücher über den Holocaust und Antisemitismus und beriet die IHRA, der heute 34 Mitgliedstaaten angehören.

Gedenk-Ansprache vor dem Bundestag

1998 sprach der Historiker während der Gedenkstunde zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus vor dem Deutschen Bundestag. Damals sagte er, die Nazis seien eben nicht unmenschlich gewesen: »Das Fürchterliche ist, dass sie menschlich waren - wie Sie und ich«. Im selben Jahr erhielt er den Israel-Preis, die höchste Kulturauszeichnung des Staates. 2015 erschien sein letztes Buch »Wir Juden, ein widerspenstiges Volk«.

Die IHRA betonte, Bauer habe die Holocaust-Forschung maßgeblich geprägt. »Seine moralische Führung, sein Wissen und seine Freundschaft werden schmerzlich vermisst werden.«

Lesen Sie auch

Seine frühe Forschung konzentrierte sich auf den jüdischen organisierten Widerstand gegen das Nazi-Regime. In späteren Arbeiten beschäftigte er sich mit Fragen des Antisemitismus und der historischen Bedeutung des Holocaust.

Das Internationale Auschwitz Komitee würdigte ihn als einen der beeindruckendsten Erforscher des Holocaust. »Sein Forschungsinteresse und sein Engagement waren immer bestimmt durch das Wissen, dass er dem Holocaust im letzten Moment entkommen war«, sagte der Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner. Als Historiker und Zeitzeuge habe Bauer sich selbst und die Welt immer wieder mit »bohrenden Fragen« konfrontiert, »von denen die wichtigste lautete: Haben wir aus der Geschichte gelernt?«

»Antisemitismus existierte immer«

Zuletzt lebte Bauer in einem Seniorenheim in Jerusalem. 2019 sagte er im Interview mit der »Neuen Zürcher Zeitung«, der Antisemitismus werde »sichtbarer und wirkt aggressiver«. Es sei jedoch nicht klug, von einem neuen Antisemitismus zu sprechen, denn dieser habe immer existiert; »nun wurde er durch bestimmte politische Entwicklungen neu hervorgerufen«.

Im November 2023 bezeichnete Bauer die israelische Regierung gegenüber der »Berliner Zeitung« als »Katastrophe«. Auf die Frage, ob es in Nahost einmal Frieden geben werde, antwortete er: »Ich hoffe es, aber ich weiß es nicht.« kna/ja

Ramallah

Abbas-Nachfolge: PLO schafft Vize-Posten

Palästinenserpräsident Abbas wird in diesem Jahr 90. Die Suche nach einem Sukzessor drängt

 25.04.2025

Nahost

Mossad-Chef Barnea reist zu Geisel-Gesprächen nach Katar

Der Chef von Israels Geheimdienst soll eine Freilassung der Verschleppten vorantreiben. Sollte es nicht bald Fortschritte geben, könnten die Kämpfe in Gaza ausgeweitet werden, droht das Militär

 25.04.2025

Spanien

Ministerpräsident annulliert Munitionsgeschäft mit Israel

Pedro Sánchez fährt seinem Innenminister in die Parade und untersagt auf Druck seines linken Koalitionspartners den Einkauf von Munition für die Polizeitruppe Guardia Civil

von Michael Thaidigsmann  24.04.2025

Syrien

Al-Scharaa: Friedensschluss mit Israel nicht ausgeschlossen

Einst kämpfte Ahmed al-Scharaa für islamistische Terrororganisationen. Einem US-Abgeordneten zufolge könnte der neue Staatschef nun in eine ganz andere Richtung gehen

 24.04.2025

Den Haag

Teilerfolg Israels vor Internationalem Strafgerichtshof 

Das Weltstrafgericht erließ Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu. Israel legte Einspruch ein, doch scheiterte - bis jetzt

 25.04.2025 Aktualisiert

Meinung

Geduld mit Trump

US-Präsident Trump ist vielleicht nicht der perfekte Freund Israels und der Juden, aber der beste, den sie haben. Vorschnelle Kritik an seinem Handeln wäre unklug

von Michael Wolffsohn  24.04.2025

Vermisst

Er verteidigte seinen Kibbuz

Tal Chaimi kam als Einziger des Noteinsatzteams nicht zurück

von Sophie Albers Ben Chamo  24.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  24.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025