Schoa

»Wir werden nie vergessen«

Rabbiner Israel Meir Lau, Vorsitzender des Beirates von Yad Vashem Foto: Flash 90

Herr Oberrabbiner Lau, an diesem Donnerstag findet in Yad Vashem das World Holocaust Forum statt. Welche Botschaft geht von diesem Treffen in Jerusalem aus?
Zunächst einmal ist zu betonen, dass damit mehr als 50 Staatschefs anerkennen, dass Jerusalem nicht nur die Hauptstadt des Staates Israel ist, sondern seit Generationen der Mittelpunkt der Sehnsucht, Gefühle, Ehre und Heiligkeit des jüdischen Volkes. Dass an den 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz und an die Opfer der Schoa ausgerechnet hier und nicht nur in Auschwitz oder an einem anderen Ort erinnert wird, hat meiner Ansicht nach eine ganz besondere und herausragende Bedeutung.

Welche?
Dass alle verstehen, dass das Herz des jüdischen Volkes in Jerusalem schlägt und Yad Vashem der zentrale Ort der Erinnerung ist.

Und welche Botschaft soll in Bezug auf den zunehmenden Antisemitismus formuliert werden?
Es ist ein Phänomen, dass Antisemitismus in Australien, in Süd- und Nordamerika, in Europa immer stärker wird und wir hier im Nahen Osten in Form des arabisch-israelischen Konfliktes damit leben müssen. Und wenn nun so viele Staatsmänner die Notwendigkeit erkennen, gegen Antisemitismus anzukämpfen, darüber zu sprechen und sich zu verpflichten, dass sich niemals mehr, an keinem Ort oder gegen kein Volk der Welt der Hass derart äußern darf, hat das einen außerordentlichen moralischen und erzieherischen Wert.

Ist Gedenken verpflichtend?
Wir haben aus der Tora die Verpflichtung, niemals zu vergessen, was uns Amalek angetan hat. Wir sind Jakow, der Enkel von Esau ist Amalek. Es heißt: Vergiss nicht, lo tischkach! Über alle Generationen hinweg haben wir die Tragödien, insbesondere die der Schoa, nicht vergessen. Wenn nun Staatsmänner aus der ganzen Welt nach 75 Jahren zusammenkommen, erfüllen wir auch eine ganz besondere religiöse Pflicht. Viele dachten, wir hätten schon vergessen. Viele gingen davon aus, dass nach einigen Generationen das Geschehen in Vergessenheit geraten würde.

Haben Sie sich als Überlebender des KZs Buchenwald vorstellen können, dass Antisemitismus sich wieder weltweit so verbreiten und äußern könnte?
Nein, aber wir waren wohl zu optimistisch oder naiv. Doch denken wir an Rabbi Schimon Bar Jochai: Er hat schon vor 2000 Jahren unter dem Antisemitismus der Römer gelitten. Er meinte, dass man Judenhass nicht verstehen oder erklären könne. So war es auch damals in Europa, als man Juden angeblich deshalb hasste, weil sie kein Zuhause hatten. Seit wir vor 72 Jahren zurück nach Hause, nach Israel, kamen, hasste man uns dafür. Das soll logisch sein? Man wird Antisemitismus nicht auslöschen können. Aber man muss den Antisemitismus bekämpfen und sicherstellen, dass er nie wieder eine derartige Katastrophe zur Folge hat wie die vor mehr als 75 Jahren.

Mit dem Vorsitzenden des Beirates von Yad Vashem und früheren Oberrabbiner Israels sprach Detlef David Kauschke.

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Vermisst

Er verteidigte seinen Kibbuz

Tal Chaimi kam als Einziger des Noteinsatzteams nicht zurück

von Sophie Albers Ben Chamo  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Meinung

Geduld mit Trump

US-Präsident Trump ist vielleicht nicht der perfekte Freund Israels und der Juden, aber der beste, den sie haben. Vorschnelle Kritik an seinem Handeln wäre unklug

von Michael Wolffsohn  17.04.2025

Nachrichten

Geisel, Protest, Terroristen

Kurzmeldungen aus Israel

von Sophie Albers Ben Chamo  17.04.2025

Washington D.C.

»New York Times«: Trump lehnte Angriff auf Irans Atomanlagen ab

Israel soll einen Bombenangriff auf iranische Nuklearanlagen geplant haben - mit Unterstützung der USA. Doch mehrere Mitglieder der Trump-Regierung hätten Zweifel gehabt

 17.04.2025

Jerusalem

Netanjahu erörtert Geisel-Frage mit seinen Unterhändlern

Israels Regierungschef weist das Verhandlungsteam an, auf die Freilassung der Hamas-Geiseln hinzuarbeiten

 17.04.2025

Gaza

Hund von Opfern des 7. Oktober in Gaza gefunden

Einem israelischen Soldaten ist in Gaza ein Hund zugelaufen, der auf Hebräisch reagierte. Er nahm ihn mit zurück nach Israel und fand seine Besitzer

von Sophie Albers Ben Chamo  16.04.2025

Krieg

Terroristen in Gaza schockieren mit neuem Geisel-Video

Der Palästinensische Islamische Dschihad hat nach 18 Monaten erstmals ein Lebenszeichen von Rom Braslavski veröffentlicht

 16.04.2025