Viel ist schon geschehen. Dabei sind sie noch ziemlich neu. Vor gerade einem Jahr und drei Monaten unterzeichneten Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sowie Bahrain die Abraham-Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen. Und doch gibt es bereits gegenseitige Botschaften, offizielle Visiten, Handel im Wert von mehr als einer Milliarde Dollar. Und nun der Besuch von Präsident Isaac Herzog, der am vergangenen Sonntag als erstes israelisches Staatsoberhaupt in der Geschichte in die Emirate reiste.
Auf dem Weg dorthin überflog sein Flugzeug Saudi-Arabien. Der Pilot ließ die Passagiere über Lautsprecher wissen, dass man sich direkt über dem Königreich befinde. »Wir schreiben Geschichte«, rief er aufgeregt. »Bald überfliegen wir die Hauptstadt.« Präsident Herzog betrat daraufhin das Cockpit, blickte über die saudische Landschaft und sagte: »Ohne Zweifel ist dies wirklich ein sehr bewegender Moment.«
Palast Herzog war gemeinsam mit seiner Frau Michal auf Einladung des Kronprinzen von Abu Dhabi, Scheich Mohammed bin Zayed Al Nahyan, in die Emirate gereist. Das diplomatische Arbeitstreffen zwischen den beiden am Sonntag sei »warm und herzlich gewesen und dauerte mehr als zwei Stunden«, hieß es anschließend aus dem Beit Hanassi, der präsidialen Residenz in Jerusalem.
Bei ihrer Ankunft wurden der Präsident und die First Lady mit einer majestätischen offiziellen Begrüßungszeremonie im königlichen Palast willkommen geheißen. Währenddessen spielte ein Orchester die israelische und die emiratische Nationalhymne. Zu Ehren des Besuchs wurden zudem 21 Salutschüsse abgefeuert.
»Gänsehaut«, twitterte die israelische Botschaft in Berlin dazu und versah das Wort mit zwei Herzen. »Israels Hymne erklingt im Präsidentenpalast in Abu Dhabi zu Ehren von Staatspräsident Isaac Herzog. Es ist der erste Besuch eines Staatsoberhauptes in den VAE überhaupt. S.H. Kronprinz Mohammed bin Zayed empfing ihn.«
raketenbeschuss Doch nicht alles verlief nach Plan: Während des Besuchs wurde eine Rakete auf die VAE abgefeuert und abgefangen. In einer Erklärung von Herzogs Sprecher hieß es, der Präsident sei über den Vorfall informiert worden, sein Besuch werde wie geplant fortgesetzt. »Für den Präsidenten und sein Gefolge bestand und besteht keine Gefahr.« Das Verteidigungsministerium der Emirate erklärte, dass »die Luftverteidigung eine ballistische Rakete abgefangen und zerstört hat, die von der Houthi-Terroristengruppe auf das Land abgefeuert wurde«.
Es war der dritte Beschuss der Emirate durch die pro-iranische Miliz in diesem Monat. Beim ersten Angriff am 17. Januar wurden drei ausländische Arbeiter getötet, während eine Woche später zwei aus dem Jemen abgefeuerte Raketen abgefangen wurden.
Einen Tag nach dem neuerlichen Angriff äußerte sich Herzog: »Für diese Region gibt es nur zwei Alternativen. Die eine ist Frieden, Wohlstand, Zusammenarbeit, gemeinsame Investitionen und gute Aussichten für die Menschen. Oder alternativ das, was der Iran tut, der die Region destabilisiert und seine Stellvertreter benutzt, um Terror einzusetzen.« Sein Besuch in den VAE symbolisiere »Hoffnung, Frieden und eine großartige Zukunft für unsere Nationen, die Region und die ganze Welt«.
Herzogs Besuch ist ein Zeichen der Annäherung zwischen Israel und den arabischen Ländern.
Am Tag zuvor hatte der Kronprinz seinem Besucher für Israels Standhaftigkeit in Sachen Terror gedankt: »Ich möchte Ihnen für Ihre Haltung zu den jüngsten Terroranschlägen auf zivile Einrichtungen in den VAE danken. Es ist eine Haltung, die unsere gemeinsame Sicht auf die Bedrohungen für die regionale Stabilität und den Frieden, insbesondere die von Milizen und terroristischen Kräften, demonstriert.«
Präsident Herzog antwortete: »Durch Frieden können wir in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Israel und in der gesamten Region Ressourcen und Fähigkeiten darauf ausrichten, unseren Nationen zu dienen und den Weg für eine bessere Zukunft zu ebnen.«
annäherung Herzogs Besuch ist ein weiteres Zeichen der Annäherung zwischen Israel und anderen arabischen Ländern, ein Prozess, der mit der Unterzeichnung der Abraham-Abkommen im Herbst 2020 begann. Viele Länder der Golfregion, darunter die VAE und Saudi-Arabien, sehen die imperialistischen Bestrebungen des Regimes in Teheran genau wie Israel als große Bedrohung für ihre Souveränität und Existenz.
Nach jahrelangen Spannungen hofft auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan derweil offenbar auf ein neues Kapitel mit Israel. Er erwarte den israelischen Präsidenten Isaac Herzog in der ersten Februarhälfte in seinem Land, sagte er in einem Interview. »Mit diesem Besuch kann eine neue Ära in den israelisch-türkischen Beziehungen beginnen.« Das Büro Herzogs äußerte sich dazu bislang nicht.
Die Beziehungen zwischen beiden Ländern liegen seit vielen Jahren auf Eis. Zuletzt gab es aber eine leichte Annäherung, als ein israelisches Paar, das wegen des Vorwurfs der Spionage verhaftet worden war, nach einigen Tagen freigelassen wurde. Premierminister Naftali Bennett hatte sich damals persönlich in einem Telefongespräch bei Erdogan bedankt. Hinter der Annäherung zwischen der Türkei und verschiedenen Akteuren in der Region stecken nach Ansicht von Beobachtern vor allem wirtschaftliche Überlegungen.
gemeinde In Abu Dhabi traf sich Herzog auch mit Vertretern der dortigen jüdischen Gemeinde. Unter ihnen war Rabbi Levi Duchman, ein Abgesandter von Chabad Lubawitsch, der seit 2014 in Dubai in verschiedenen Bereichen des jüdischen Lebens tätig ist. Ebenfalls anwesend war die Vertreterin der Jewish Agency, Sarah Benchimol.
Und auch hier wandte sich Herzog an die gesamte Region: »Wir senden eine Botschaft der Hoffnung, des Friedens, der Zusammenarbeit und des Wohlstands. Dies sollte bei Familien und Einzelpersonen im Nahen Osten Anklang finden, um ihnen zu zeigen, dass es auch anders geht.« Er glaube, dass »der Dialog zwischen Judentum und Islam an einem faszinierenden Punkt steht, und ich freue mich sehr auf den weiteren Austausch mit islamischen Ländern«.
Beim anschließenden Besuch der Expo 2020 in Dubai unterstrich der israelische Präsident seinen Wunsch noch einmal: »Die Expo erinnert daran, was erreicht werden kann, wenn wir zusammenarbeiten, um Grenzen einzureißen, indem wir die Köpfe verbinden und uns eine andere Zukunft vorstellen. Ich hoffe und glaube, dass bald immer mehr Nationen dem Beispiel der VAE folgen und sich den Abraham-Abkommen anschließen werden.«