Interview

»Wir erleben ständig Wunder«

Yossi Kakon auf dem Markt in Safed Foto: Flash 90

Herr Kakon, Ihre Stadt steht unter beständigem Raketenbeschuss. Wie erleben Sie diese Lage?
Wir befinden uns schon seit einem Jahr in diesem andauernden Ausnahmezustand. Es ist wirklich keine einfache Zeit. Der Tourismus ist eingebrochen, die wirtschaftlichen Schäden sind gewaltig. Man versucht, das tägliche Leben zu meistern, muss sich aber ständig in der Nähe eines Schutzraumes aufhalten. Der Schulunterricht fällt aus, es gibt viele Einschränkungen. Wir hoffen alle, dass endlich eine Antwort auf die andauernde Bedrohung gefunden wird und Ruhe einkehren kann.

Das Vorgehen der israelischen Armee gegen Terrorziele im Süden Libanons löst heftige internationale Kritik aus, der ständige Beschuss des Nordens Israels wurde international kaum wahrgenommen. Was denken Sie darüber?
Wir hören diese Stimmen aus der internationalen Gemeinschaft. Aber wir leben hier und wissen genau, in welcher Lage wir uns befinden. Auf der einen Seite gibt es die, die schon seit Jahrzehnten Millionen und Milliarden für Waffen und Geräte ausgeben, uns zu vernichten. Auf der anderen Seite gibt es uns – wir versuchen, uns zu verteidigen. Israel verteidigt sich, so wie es jeder andere Staat auf der Welt tun würde.

Wie sieht die Bedrohung konkret aus?
Seit einem Jahr hatten wir rund 100-mal Luftalarm. Wir hatten zahlreiche Brände und Sachschäden. Im Februar ist eine Soldatin bei einem Raketenbeschuss ums Leben gekommen. In den vergangenen Wochen hatten wir mehrere direkte Treffer in Wohngebäuden. Gott sei Dank erleben wir ständig Wunder, sodass wir meist nicht noch mehr Schäden beklagen müssen.

Was haben Sie gedacht, als Sie vom Tod von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah erfuhren?
Fast 32 Jahre lang hat diese Zeit angedauert, seit meiner Kindheit habe ich seinen Terror erlebt. Auch während des Zweiten Libanonkrieges war ich hier in Safed. Wir hoffen sehr, dass die schweren Schläge gegen die Hisbollah die derzeitige Bedrohungslage beenden.

Safed liegt nur 12 Kilometer von der Grenze zum Libanon entfernt, ist aber nicht wie andere Städte im Norden evakuiert worden. Wie ist die Situation derzeit?
Wir haben immer wieder Menschen, die die Stadt verlassen und auch wieder zurückkommen. Aber alles in allem sind die meisten Bewohner in Safed geblieben.

Wie verbringen die Menschen in Safed unter diesen Umständen die Hohen Feiertage?
Wir haben eine große charedische Gemeinschaft, es sind lange Gottesdienste, nicht alle Synagogen haben Schutzräume. Das ist herausfordernd. Aber mit Gottes Hilfe werden wir auch diese Zeit gut überstehen.

Mit dem Bürgermeister von Safed sprach Detlef David Kauschke.

Nahost

Trotz Waffenruhe: Verletzte im Süd-Libanon

Trotz des Waffenstillstandes kommt es noch immer zu Spannungen

 28.11.2024

Nahost

Israels Luftwaffe greift erstmals seit Waffenruhe Hisbollah-Ziel an

Die Vereinbarung gilt seit Mittwoch, aber es kommt zu Zwischenfällen

 28.11.2024

Den Haag

ICC-Sprecher: Urteil könnte aufgehoben werden

Internationale Haftbefehle könnten gestoppt werden, wenn es eine »glaubhafte Untersuchung« in Israel gebe

von Sabine Brandes  28.11.2024

Krieg

Ägyptische Delegation reist für Gaza-Deal nach Israel

In der »Vision für den Tag danach« sollen die Geiseln schrittweise freigelassen werden

von Sabine Brandes  28.11.2024

Interview

»Die Hamas ist jetzt auf sich allein gestellt«

IDF-Sprecher Arye Sharuz Shalicar über den Waffenstillstand im Libanon und die Konsequenzen für den Krieg in Gaza

von Michael Thaidigsmann  28.11.2024

Reaktionen

»Dunkler Tag für die Gerechtigkeit«

Politiker aller Parteien verurteilen die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs. Doch nicht wenige sehen auch eine Mitschuld bei der Regierung

von Sabine Brandes  28.11.2024

Vermisst

Argentinier gekidnappt

Iair Horn wurde zusammen mit seinem Bruder von der Hamas nach Gaza verschleppt

von Sabine Brandes  28.11.2024

Nahost

Israel warnt Hisbollah vor Verstößen gegen Waffenruhe

Die Lage am Donnerstagmorgen

 28.11.2024

Jerusalem/Den Haag

Israel kündigt Berufung gegen Haftbefehle an

Das Argument: Es gibt keine faktische Grundlage für die Entscheidung

 28.11.2024