Corona

Wieder auf der Schulbank

Regierungschef Netanjahu (r.) und Erziehungsminister Galant am Dienstag in der Netaim-Schule in Mevo Horon Foto: Government Press Office

Wie in jedem Jahr hat auch diesmal nach den großen Ferien die Schule wieder begonnen. Normalerweise kehren die meisten Schüler und Lehrer voller Aufregung, mit lauter Musik, Ballons und guter Laune zurück zur Routine. An diesem 1. September ist alles anders. Das Lachen der Kinder verbarg sich hinter Mund- und Nasenschutz, an den Ranzen baumelten Flaschen mit Desinfektionsmittel, auf den Schulbänken saßen die Schüler in einer Mischung aus Vorfreude, Unbehagen und Angst nebeneinander.

Die Möglichkeit eines nationalen Lockdowns steht wieder im Raum.
»Ich habe keine große Sorge, dass sich mein Kind mit Corona ansteckt, sondern eher davor, dass die Schulen wegen eines Ausbruchs wieder schließen und dasselbe Chaos dann von vorn losgeht«, sagt Avi Barzilai, als er seinem Sohn einen Kuss auf die Wange drückt, die Maske geradezupft und ihn dann sanft durch das Schultor an der Balfour-Grundschule in Tel Aviv schiebt. Eltern müssen draußen bleiben. Sogar die von Erstklässlern.

neuinfektionen Es ist Corona-Zeit – mit neuen Regeln für alle. Die Zahlen der täglichen Neuinfektionen im Land bewegen sich seit rund sechs Wochen stetig zwischen 1800 und um die 2000. Am Montag und Dienstag waren es wieder mehr als 2000. Während einige von einer baldigen Herdenimmunität sprechen, fordern viele Politiker und Gesundheitsexperten, in jedem Fall Vorsicht walten zu lassen.

Auch die Möglichkeit eines weiteren Lockdowns steht nach wie vor im Raum.

2,4 Millionen Mädchen und Jungen sitzen im Schuljahr 2020/21 in den Klassenräumen von Naharija bis Eilat, 50.000 mehr als im Jahr zuvor. Der Plan zum »sicheren Lernen« des Gesundheitsministeriums besagt, dass ab der vierten Klasse Schüler ständig Gesichtsschutz tragen müssen, auch innerhalb der Klassenräume. Lehrer dürfen nicht mehr als insgesamt fünf Gruppen, genannt »Kapseln«, unterrichten, um die Ansteckungsgefahr für das Personal zu begrenzen.

Angst Chagit Yakov ist Lehrerin in Haifa. Sie hat Angst. »Meine Eltern sind beide über 70 Jahre alt und nicht in bester Gesundheit. Ich möchte das Virus auf keinen Fall zu ihnen bringen. Also werde ich sie in der nächsten Zeit nicht besuchen.« Das macht sie traurig. »Doch genauso freue ich mich auf meine Schüler. Für sie war das letzte Schuljahr wirklich nicht leicht, und deshalb werde ich all meine Anstrengungen daransetzen, ihnen den wichtigen Lehrstoff zu vermitteln und die Aufmerksamkeit zu geben, die sie verdienen.«

Die Klassen eins und zwei lernen in ihren normalen Zusammensetzungen an sechs Tagen von Sonntag bis Freitag. Die Klassen drei und vier sind mindestens fünf Tage in der Woche in der Schule – in Gruppen bis zu 18 Kindern. Die restlichen Altersgruppen gehen mindestens zwei Tage pro Woche in die Schule. Ansonsten wird der Unterricht in Form von »Distance Learning« oder dem sogenannten E-Lernen abgehalten.

Für das E-Lernen bräuchte man noch 150.000 Computer, heißt es im Bildungsministerium.

Dafür bräuchte es allerdings noch 150.000 Computer, gibt das Bildungsministerium an. Vor allem in arabischen, ultraorthodoxen und sozial schwächeren Gemeinden würden die PCs fehlen. Allerdings räumte das Ministerium ein, dass lediglich die Hälfte der benötigten Rechner bis Ende 2020 geliefert wird. Die restlichen würden erst im zweiten Halbjahr ankommen.

KRISENPLAN Sollte ein Corona-Fall an einer Schule bestätigt sein, werde die betroffene Jahrgangsstufe zunächst vollständig nach Hause geschickt, so das Ministerium. Nachdem dann die Suche nach den Kontakten und das Testen abgeschlossen ist, wird entschieden, wer in die Isolierung muss und wer in die Schule zurückkehren darf. Kindergärten werden in einem Positiv-Fall komplett geschlossen.

Auch dürfen momentan noch nicht alle Kinder und Jugendlichen zurück zur Schule. In einer kurzfristigen Sitzung in der Nacht vor dem ersten Schultag entschied das Coronakabinett in Jerusalem, dass die Öffnung von Schulen in den »roten Städten«, also Orten mit besonders hohen Infektionszahlen, verschoben wird. Davon ausgenommen sind lediglich Sonderschulen und Bildungseinrichtungen für gefährdete Jugendliche.
Mehr als 100.000 Mädchen und Jungen müssen damit noch auf ihren ersten Schultag warten. Insgesamt sind 332 Schulen sowie mehr als 700 Kindergärten und Vorschulen betroffen.

In »roten Städten« mit hohen Infektionszahlen wird die Schulöffnung vorerst verschoben.

»Wir hoffen, dass wir die 130.000 Schüler aus den roten Gemeinden so schnell wie möglich in die Schulen bringen«, so Bildungsminister Yoav Galant zu der Entscheidung. »Entscheidungen für die Gesundheit haben uns zu diesem Schritt bewogen.« Am 3. September soll erneut beraten werden. Die betreffenden Gemeinden sind vorwiegend arabisch und ultraorthodox, beispielsweise Tiberias, Umm Al-Fachem, Jaljulia und Beitar Illit.

Mund-Nasen-Schutz Premierminister Benjamin Netanjahu und Bildungsminister Galant besuchten am ersten Schultag die Grundschule Netaim in Mevo Horon. Netanjahu erklärte den Erstklässlern die Regeln zum Coronavirus und zeigte mit der Maske über Mund und Nase, dass auch Politiker sich an die Vorgaben halten: »In gewöhnlichen Zeiten würden wir euch umarmen, wie ihr es aus dem Kindergarten kennt. Aber das ist heute nicht erlaubt. So lautet die erste Regel.«

Jeden Morgen sollen sich die Kinder daran erinnern, ihre Masken aufzusetzen, »denn das Virus ist ein klitzekleines Ding, das man nicht sehen kann, und ihr müsst aufpassen, damit es nicht von einem zum anderen gegeben wird«. Dann erinnerte der Premier noch einmal an Regel Nummer eins: »Ein bisschen Abstand voneinander – und bitte keine Umarmungen.«

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