Palästinenser

Wie starb Arafat?

Ehemaliger Palästinenserpräsident Jassir Arafat Foto: dpa

Nach Aussagen der Witwe von Jassir Arafat soll der Palästinenserführer im Jahr 2004 mit Polonium vergiftet worden sein. Das habe die Untersuchung eines Schweizer Expertenteams ergeben. Vor wenigen Wochen noch hatte ein russischer Experte – allerdings inoffiziell – bekannt gegeben, dass er und seine Kollegen an Arafats Leiche keine Spuren von Polonium 210 gefunden hätten. Am Mittwochabend nun behauptete die Witwe Arafats, Suha Arafat, das Gegenteil: Demnach sollen Wissenschaftler aus der Schweiz Spuren der radioaktiven Substanz an seiner Leiche gefunden haben. Ein Gutachten aus Frankreich steht noch aus.

Der Palästinenserführer war vor neun Jahren in Paris in einem Krankenhaus im Alter von 75 Jahren gestorben. Von Beginn an kamen Gerüchte auf, er sei keines natürlichen Todes gestorben und eventuell mit Polonium 210 vergiftet worden. Vor einem Jahr dann wurde seine Leiche, die in Ramallah in einem Mausoleum ruht, zur Exhumierung freigegeben. Wissenschaftler aus Russland, der Schweiz und Frankreich haben Proben entnommen. Die Ergebnisse sollten ursprünglich gemeinsam veröffentlicht werden.

Attentat »Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass er keines natürlichen Todes starb«, sagte Suha Arafat in einem Fernseh-Interview in Paris. »Das ist das Verbrechen des Jahrhunderts – ein politisches Attentat.« Der arabische Fernsehsender Al-Dschasira veröffentlichte den forensischen Bericht auf seiner Internetseite. Die Ergebnisse unterstützten mit hoher Wahrscheinlichkeit die These einer Polonium-210-Vergiftung, heißt es darin. Die nachgewiesene Konzentration sei 18-mal höher gewesen als üblich.

Konkrete Beschuldigungen sprach Suha Arafat nicht aus, sie räumte aber ein, dass Arafat viele Feinde gehabt habe. Dagegen sagte Wasel Abu Yousef, Mitglied der palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), dass »Präsident Arafat Opfer eines organisierten Mordes ist, der von einer Regierung ausging – in diesem Fall Israel –, die ihn loswerden wollte«.

Die israelische Regierung hat stets jede Mitwirkung an Arafats Tod abgestritten. Der Sprecher des israelischen Außenministeriums in Jerusalem, Jigal Palmor, sagte zu den jüngsten Ereignissen, das Ganze sehe »mehr nach Seifenoper als nach Wissenschaft« aus. Bei den Ermittlungen seien weder die Arbeitsräume Arafats in Ramallah noch das Krankenhaus in Frankreich untersucht worden. Und: Die Experten hätten keinen Zugang zu Arafats Krankenakte gehabt – eine wichtige Voraussetzung, um daraus Schlüsse ziehen zu können. »Alles ist sehr unklar«, sagte Palmor. »Klar ist nur, dass die Theorie große Löcher aufweist, mehr Löcher als ein Schweizer Käse.«

Abwarten Die Zeitung Yedioth Ahronoth zitiert unter anderem Dov Weisglas, Staatssekretär unter dem damaligen Premierminister Ariel Scharon: »Soweit ich weiß, gab es keine Absichten, Arafat zu vergiften.« Raanan Gissin, einer von Scharons Beratern, ergänzte, es sei dessen Devise gewesen, »nicht in irgendetwas hineingezogen« zu werden, falls Arafat krank werde. Es sei damals sehr klug von Scharon gewesen, die Franzosen handeln zu lassen und nur als Beobachter zu fungieren. »Meiner Kenntnis nach hat Israel alles Erdenkliche getan, um nicht involviert zu werden.«

Zeit seines Lebens hatte Arafat behauptet, er sei insgesamt 40 versuchten Mordanschlägen entkommen. Sein Weggefährte Hani al-Hassan sprach von allein 13 Attentaten auf Arafat in den Jahren als PLO-Führer, die er bezeugen könne. 1985 entkam Arafat nur knapp einem Luftangriff der Israelis auf sein Hauptquartier in Tunesien – als der Angriff stattfand, war er beim Joggen. Damals starben 75 Menschen. Er entkam auch einem Anschlag der Israelis in Beirut und 2001 in Ramallah.

Die Autonomiebehörde in Ramallah gab gestern bekannt, dass man das Ergebnis aller drei Untersuchungen abwarten wolle, bevor man dazu Stellung beziehe.

Gazastreifen

Journalisten und/oder Terroristen getötet?

Israels Armee: Vier der »eliminierten Personen« waren Mitglieder der Terrorgruppe Islamischer Dschihad

 26.12.2024

Nahost

Tote nach israelischen Angriffen im Jemen

Nach Angaben von Israels Armee griff die Luftwaffe Infrastruktur der Huthi-Miliz am internationalen Flughafen der Hauptstadt Sanaa an

 26.12.2024 Aktualisiert

Jerusalem

Israels Polizeiminister betet erneut auf dem Tempelberg

»Für die rasche Rückführung aller Geiseln und den vollständigen Sieg mit Gottes Hilfe«, schrieb der Rechtsextremist Ben-Gvir auf der Plattform X

 26.12.2024 Aktualisiert

Israel

Härtere Reaktion auf Angriffe der Huthi angekündigt

Nach Verteidigungsminister Katz äußert sich ein General: »Wir werden die Häufigkeit der Angriffe und ihre Stärke nach Bedarf weiter erhöhen«

 25.12.2024

Gaza-Verhandlungen

Streit über Geisel-Liste behindert Fortschritte

Israelische Medien: Terrororganisation Hamas lehnt es ab, eine vollständige Liste der noch Lebenden zu übermitteln

 25.12.2024 Aktualisiert

Syrien

Bericht: Israels Truppen tiefer im Grenzgebiet

Die israelische Armee teilte mit, ihre Streitkräfte seien »im Süden Syriens im Einsatz, innerhalb der Pufferzone und an strategischen Punkten«

 25.12.2024

Chanukka

Es leuchtet wieder

Viele Stadtverwaltungen in Israel stellen Leuchter auf – Botschaften der Koexistenz, während der Krieg in Gaza weitergeht

von Sabine Brandes  25.12.2024

Israel

Armee: Weitere Rakete aus dem Jemen abgefangen

Sie sei noch außerhalb der eigenen Landesgrenzen abgeschossen worden

 25.12.2024

Lewiwot

Seelenfutter zu Chanukka

In einem Jahr voller Raketenalarm und grausamer Nachrichten wurde das gemeinsame Kochen für die Familie unserer Israel-Korrespondentin zur mentalen Überlebensstrategie. Ein Blick zurück - und nach vorn

von Sabine Brandes  25.12.2024