Israel/Gaza

Wie Israel mit der Hamas um Details des Geisel-Abkommens ringt

Gedenken in München an das Schicksal der Geiseln Foto: picture alliance/dpa

Israel und die palästinensische Terrororganisation Hamas haben sich Berichten zufolge grundsätzlich auf eine Waffenruhe im Gazastreifen geeinigt - nur letzte Detailfragen sollen noch offen sein. Bei den Vermittlungsgesprächen in Katars Hauptstadt Doha müssten noch Einzelheiten zum angestrebten Rückzug der israelischen Armee aus Gebieten im Gazastreifen geklärt werden, meldeten israelische Medien, die sich auf arabische Unterhändler beriefen.

Die Hamas habe Israel aufgefordert, Karten und einen Zeitplan für den Rückzug vorzulegen, der von den internationalen Vermittlern während der Umsetzung überwacht werden solle, sagten der Hamas nahestehende Quellen.

US-Außenminister Antony Blinken betonte derweil in Washington, nun sei die Hamas am Zug. »In diesem Moment, während wir hier sitzen, warten wir auf das letzte Wort der Hamas über ihre Zustimmung«, sagte Blinken. Er gehe davon aus, dass eine Einigung erreicht werde. Ob dies noch vor der Amtseinführung Donald Trumps als US-Präsident am kommenden Montag der Fall sein werde, ließ der Minister offen.

»Mörder von morgen«

Unterhändler der Palästinenser spekulierten, dass eine Einigung in dem seit mehr als 15 Monaten andauernden Krieg heute oder am Donnerstag in Form einer gemeinsamen Erklärung der USA, Katars und Ägyptens bekanntgegeben werden könnte. Die drei Länder vermitteln zwischen Israel und den Aggressoren der Hamas, da diese nicht direkt miteinander verhandeln.

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In Tel Aviv versammelten sich unterdessen am Abend Tausende Menschen in der Hoffnung, dass die Terroristen dem Entwurf einer Vereinbarung zustimmen, die unter anderem die Freilassung von Geiseln der Hamas im Austausch gegen palästinensische Häftlinge - darunter auch etliche Terroristen - aus Israels Gefängnissen vorsieht.

In Jerusalem protestierten indes Hunderte gegen einen solchen Deal. »Ein freigelassener Terrorist ist der Mörder von morgen«, sagte einer der Teilnehmer.

Bangen um Geiseln

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beriet sich mit seinem Verhandlungsteam sowie Mitgliedern des Sicherheitsapparats. Die Verhandlungen in Doha über letzte Details würden die ganze Nacht hindurch fortgesetzt, habe sein Büro mitgeteilt. Die Familien der Geiseln würden so bald wie möglich über den neusten Stand informiert. Eine Vereinbarung müsste vom Sicherheitskabinett und der gesamten Regierung gebilligt werden.

Krankenhäuser und medizinische Teams in Israels bereiten sich bereits auf die Behandlung der bei einer Einigung freizulassenden Geiseln vor, wie das »Wall Street Journal« berichtet. Vielen der beim Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführten Geiseln dürfte es körperlich wie psychisch schlecht gehen.

Ziel sei es, alle 98 Geiseln zurückzuholen, sagte ein israelischer Regierungsvertreter - auch wenn unklar ist, wie viele von ihnen noch am Leben sind. Unter den Verschleppten sind Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft, darunter auch Deutsche. Vier der Geiseln wurden bereits vor dem 7. Oktober 2023 von der Hamas festgehalten.

Frauen, Kinder und Kranke

Die angestrebte Waffenruhe sei zunächst auf etwa 42 Tage beschränkt, sagte der Regierungsvertreter. Die Freilassung der Geiseln würde sich voraussichtlich über Wochen erstrecken. In einer ersten Phase sollten 33 »humanitäre Fälle« freikommen. Es gehe um Frauen, Kinder, Menschen über 50 sowie Verletzte und Kranke, erklärte der Informant. Man gehe davon aus, dass die meisten am Leben seien.

Beide Seiten hätten sich darauf geeinigt, dass die Hamas am ersten Tag drei Geiseln freilässt, berichtete der britische Sender BBC unter Berufung auf einen palästinensischen Offiziellen in Doha. Danach würde Israels Armee mit dem Rückzug ihrer Truppen aus den bewohnten Gebieten Gazas beginnen.

Sieben Tage später würde die Hamas demnach vier weitere Geiseln freilassen. Israel wiederum würde den Vertriebenen im Süden des Gazastreifens erlauben, in den Norden zurückzukehren, allerdings nur zu Fuß über die Küstenstraße, hieß es.

Gewährleistung der Sicherheit

Israel habe sich außerdem bereiterklärt, rund 1000 palästinensische Häftlinge freizulassen, darunter etwa 190, die eine Haftstrafe von 15 Jahren oder mehr verbüßt haben, berichtete die BBC. Auch nach Beginn der Waffenruhe sollen israelische Soldaten in einer Pufferzone am Rande des Gazastreifens und in weiteren Gebieten bleiben, um die Sicherheit der israelischen Grenzorte zu gewährleisten, erklärte der israelische Regierungsvertreter.

Verhandlungen über die zweite Phase sollen am 16. Tag der Umsetzung beginnen. In dieser Phase sollen die restlichen Geiseln freikommen und Israels Truppen abgezogen werden, bevor in der dritten und letzten Phase des Abkommens der Krieg endgültig beendet werden soll. Man werde Gaza nicht verlassen, bis alle Geiseln zu Hause seien, betonte der israelische Regierungsvertreter. dpa/ja

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