Israel erlebt derzeit eine regelrechte Agentenstory. Durch einen Bericht des australischen Fernsehsenders ABC wurde bekannt, dass im Jahr 2010 der australische Staatsbürger Ben Zygier im israelischen Ayalon-Gefängnis Selbstmord begangen haben soll. Zygier sei dort in Isolationshaft gehalten worden und auch den Wachen nur unter dem Namen »Gefangener X« bekannt gewesen. Ende 2010 wurde er von Gefängnismitarbeitern erhängt in seiner Zelle aufgefunden.
Dem ABC-Bericht zufolge ist Zygier, der aus Melbourne stammt, vor mehr als zehn Jahren nach Israel ausgewandert und hat dort eine Israelin geheiratet. Warum er in ein Hochsicherheitsgefängnis verbracht wurde und warum seine Identität geheim gehalten wurde, ist der Öffentlichkeit nicht bekannt.
Spekulationen Daher schießen natürlich Spekulationen ins Kraut. Hat Ben Zygier unter dem Decknamen Ben Alon für den Mossad gearbeitet, wie der ABC-Bericht behauptet? Sollen die genauen Umstände seines Todes verschleiert werden?
Premierminister Benjamin Netanjahu hat derlei Mutmaßungen nicht gerade die Grundlage entzogen, als er am Dienstag wichtige Medienvertreter des Landes zusammenrief, um sie zu bitten, nicht über den Fall zu berichten.
Nicht alle israelischen Medien hielten sich jedoch daran. Wie die Online-Zeitung Times of Israel berichtete, wollte sich der Minister für öffentliche Sicherheit, Yitzhak Aharonovich, heute vor der Knesset zu dem Fall äußern, hat den Termin aber kurzfristig abgesagt. Mehrere Abgeordnete hatten gefordert, den Fall zu untersuchen und offene Fragen zu beantworten.
Unklar ist nämlich nach wie vor, warum Zygier verhaftet wurde, ob er tatsächlich für den Mossad gearbeitet hat, warum seine Identität geheim gehalten wurde und wie überhaupt die Anklage gegen ihn lautete. Fragen wirft auch das Verhalten der australischen Regierung auf. Während der australische Außenminister Bob Carr bisher verlauten ließ, er habe von dem Fall nichts gewusst, berichtet die Tageszeitung Haaretz heute, dass australische Behörden im Jahr 2010 sehr wohl von den Israelis über die Angelegenheit in Kenntnis gesetzt wurden.
Dubai Inzwischen berichtet die Zeitung Australian Age, dass der australische Geheimdienst bereits 2009 gegen Zygier ermittelte, weil er seinen australischen Reisepass für Spionagezwecke benutzt haben soll. Einige der mutmaßlichen Mossad-Agenten, die Anfang 2010 einen Hamas-Führer in Dubai liquidiert haben, sollen ebenfalls mit australischen Pässen eingereist sein. Man kann davon ausgehen, dass die bisher bekannt gewordenen Informationsbrocken Stoff für zahlreiche Verschwörungstheorien abgeben werden.
Ben Zygier war zum Zeitpunkt seines Todes 34 Jahre alt. Seine Leiche wurde nach Australien überführt und auf dem jüdischen Friedhof in Melbourne beigesetzt.