Der Sprecher der israelischen Armee hat in einem bemerkenswert offenen Interview eine politische Vision für die Zukunft des Gazastreifens gefordert. »Die Hamas ist eine Idee, sie ist eine Partei. Sie ist in den Herzen der Menschen verwurzelt. Wer glaubt, wir könnten die Hamas ausschalten, irrt sich«, sagte Daniel Hagari am Mittwochabend dem israelischen Sender Channel 13.
Es müsse eine Alternative für die Hamas auf politischer Ebene gefunden werden, um sie im Gazastreifen zu ersetzen, forderte Hagari in dem Interview weiter. Ansonsten werde die islamistische Terrororganisation weiterbestehen, mahnte er. Über die Zerstörung der Hamas zu reden, führe die Öffentlichkeit in die Irre.
Mit den Aussagen weckte er auch Zweifel an einem der erklärten Kriegsziele der Regierung: Die Herrschaft der Hamas im Gazastreifen zu beenden sowie ihre militärischen Fähigkeiten zu zerstören. Die Armee sei »dem natürlich verpflichtet«, hieß in einer Mitteilung des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Hagaris Äußerungen.
Fehlende politische Strategie
Netanjahu hat bislang keinen Plan für Verwaltung und Wiederaufbau des Gazastreifens nach einer Beendigung des Kriegs vorgelegt - wohl auch um seine ultrarechten Koalitionspartner nicht vor den Kopf zu stoßen. Diese verfolgen Ziele wie einen höchst umstrittenen israelischen Siedlungsbau im Gazastreifen. Netanjahus politisches Überleben hängt aber von ihnen ab.
Aus der Armee kamen zuletzt vermehrt Klagen über eine fehlende politische Strategie für die Zeit nach dem Krieg. Ex-General Benny Gantz hatte kürzlich das Kriegskabinett verlassen, weil die Regierung keinen Plan für eine Nachkriegsordnung im Gazastreifen erarbeitet.
Militärsprecher Hagari warnte in dem Interview weiter, es sei nicht möglich, alle im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln durch Armeeeinsätze zu befreien. Seit Monaten laufen Bemühungen, durch indirekte Verhandlungen Israel zu einer Waffenruhe im Gazastreifen und die Aggressoren der Hamas zur Freilassung israelischer Geiseln zu bewegen. dpa/ja