Nach der Verlängerung der Feuerpause im Gaza-Krieg um zwei Tage besteht große Hoffnung auf die Freilassung weiterer Geiseln. Am Montagabend einigten sich Israel und die palästinensische Terrororganisation Hamas auf eine Verlängerung der zunächst auf vier Tage angelegten Feuerpause. Bis Donnerstagmorgen soll sie nun andauern.
Am Montagabend ließ die Hamas weitere elf Geiseln frei, darunter zwei Deutsche. Israel setzte im Gegenzug 33 palästinensische Häftlinge aus verschiedenen Gefängnissen auf freien Fuß. In der Nacht zum Dienstag ging bei der israelischen Regierung eine weitere Liste mit Namen ein.
Die in der Liste der Hamas aufgeführten Menschen dürften schon am Dienstag freikommen, berichtete die »Times of Israel« unter Berufung auf das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu. Es wäre die erste Gruppe, die nach der Verlängerung der Feuerpause aus der Gewalt der Terroristen entlassen wird. Wie viele Geiseln freikommen könnten, ging laut der Zeitung nicht aus der Ankündigung hervor. Andere Medien berichteten von zehn Menschen.
Angriffe mit Brandbomben
Seit Freitag kamen damit 69 Geiseln frei, darunter zehn deutsche Doppelstaatsbürger. Im Gegenzug wurde am Montag erneut eine Gruppe von 33 palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen entlassen, wie die israelische Gefängnisbehörde am Abend mitteilte. Dabei handelte es sich um Frauen und Jugendliche. Der jüngste Teenager war den Angaben zufolge 14 Jahre alt.
Damit wurden seit Freitag bisher insgesamt 150 palästinensische Häftlinge freigelassen. Die bislang Freigekommenen waren unter anderem wegen Messerattacken auf Israelis, Brandstiftung sowie Angriffe mit Brandbomben oder Steinen verurteilt worden.
Mit der verlängerten Kampfpause könnten laut »Times of Israel« ungefähr 20 weitere Geiseln freikommen, die bei der brutalen Terrorattacke am 7. Oktober durch die Hamas entführt wurden. Insgesamt verschleppten die Terroristen damals rund 240 Menschen in den Gazastreifen. Etwa 1200 Menschen wurden ermordet. Israel ging seitdem mit einer Bodenoffensive gegen die Hamas vor.
Neun Kinder und zwei Frauen
Die Hamas übergab am Montagabend im Rahmen der Feuerpause elf Geiseln dem Roten Kreuz, wie die israelische Armee mitteilte. Nach israelischen Medienberichten handelt es sich um neun Kinder und Jugendliche sowie zwei Frauen. In der Geisel-Gruppe befanden sich zwei deutsche Teenager, wie Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Montagabend auf der Plattform X, ehemals Twitter, schrieb. Von den verschleppten Menschen hatten rund 20 auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
Nach 52 Tagen Leid und Verzweiflung könne die Mutter der Teenager diese wieder in die Arme schließen, schrieb Baerbock auf X. »Ich denke an die Familien, die weiter bangen. Wir tun alles dafür, dass auch sie ihre Liebsten wieder in die Arme schließen können.« Laut einer Sprecherin israelischer Geiselfamilien handelte es sich bei den deutschen Staatsbürgern um zwei jugendliche Brüder.
Die Gruppe vom Montag war bereits die vierte Gruppe an Geiseln, die seit Beginn der Feuerpause freikam. Die Menschen sollten zunächst medizinisch untersucht werden und anschließend ihre Familien treffen können. Neben den beiden Deutschen waren auch drei französische Kinder im Alter von zwölf und 16 Jahren darunter, wie das Außenministerium in Paris mitteilte. Nach Ministeriumsangaben werden weiterhin fünf Franzosen vermisst.
Zehnmonatiger Kfir noch nicht frei
Der Sprecher der israelischen Regierung, Eilon Levi, sagte vor der Freilassung am Montag, es würden noch 184 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Davon seien 14 Ausländer sowie 80 Israelis mit einem Zweitpass. Nach der jüngsten Freilassung dürften es daher noch 173 Geiseln sein. Die jüngste von ihnen, ein zehn Monate altes Baby, war bisher nicht freigekommen. Der Junge namens Kfir war mit seinen Eltern und seinem vierjährigen Bruder entführt worden.
Für weitere Gespräche über die Geiseln will US-Außenminister Antony Blinken in dieser Woche erneut Israel und das Westjordanland besuchen. Er werde auch das Selbstverteidigungsrecht Israels thematisieren und über den Schutz von Zivilisten während des israelischen Einsatzes im Gazastreifen diskutieren, teilte Außenministeriumssprecher Matthew Miller am Montagabend (Ortszeit) in Washington mit.
Blinken wolle auch die weiteren Schritte zur Gründung eines palästinensischen Staates besprechen sowie die Notwendigkeit, eine Ausweitung des Konfliktes zu verhindern. Wann genau Blinken in der Nahost-Region eintreffen wird, teilte sein Ministerium nicht mit.
Von der Leyen begrüßt Waffenruhe
Nach der Verlängerung der Kampfpause wird die Freilassung weiterer Geiseln aus dem Gazastreifen im möglichen Austausch mit palästinensischen Häftlingen in Israel erwartet. Auch dürften Organisationen weiter versuchen, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu bringen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier setzt zudem seine Reise im Nahen Osten mit einem Besuch im Oman fort – einem einflussreichen Staat in der Region.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Verlängerung der Feuerpause im Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas indessen begrüßt. »Ich rufe die Hamas-Terroristen erneut auf, alle am 7. Oktober bei der schrecklichen Attacke genommenen Geiseln freizulassen«, erklärte die deutsche EU-Politikerin in der Nacht zum Dienstag.
Die bis Donnerstag verlängerte Waffenruhe ermögliche mehr Zivilisten im Gazastreifen Zugang zu notwendiger Hilfe. Die EU-Kommission brachte laut von der Leyen bislang mit 20 Flügen 900 Tonnen Hilfsgüter über Ägypten in den Gazastreifen. Weitere vier Flüge sollen in dieser Woche noch folgen, wie sie sagte. dpa/ja