Am vergangenen Schabbat prasselte der Regen noch heftig auf Israels Fensterscheiben. Ungewöhnlich für das Ende des Wonnemonats. Während die Straßenkatzen schnell unter geparkten Autos Schutz suchten, freuten sich die Kinder und hüpften jauchzend durch die Pfützen.
Obwohl der Wettergott dem Land in diesem Winter eine recht regenreiche Saison beschert hatte, ist Wasser in Israel nach wie vor knappes Gut. Die sechs Jahre andauernde Dürre ist die schlimmste in der Geschichte des 63-jährigen Staates. Bald schon soll es jedoch in reichlicheren Strömen fließen. In Sorek wird derzeit an einem massiven Projekt gebaut – der zweitgrößten Meerwasserentsalzungsanlage der Welt.
In der vergangenen Woche unterzeichnete Finanzminister Yuval Steinitz die letzten Papiere und sagte: »Dieser Schritt wird ein beträchtlicher Beitrag zur Lösung von Israels Wasserkrise sein«. 150 Millionen Kubikmeter jährlich sollen nach dem Abschluss des Baus Ende 2012 aus Meerwasser aufbereitet und dem Markt zur Verfügung gestellt werden, das sind 20 Prozent des gesamten Wassers, das die Haushalte verbrauchen. Der Notfallplan der Regierung, im Juni 2008 ins Leben gerufen, sieht vor, bis zum Jahr 2020 insgesamt 750 Millionen Kubikmeter durch Entsalzungstechnologie zu erreichen.
Derzeit sind bereits die drei Anlagen Hadera, Palmachim und Aschkelon am Netz. Ihre Produktion aber reicht nicht aus, um die eine Milliarde Kubikmeter Wassermangel auszugleichen, die in den letzten Dürrejahren zusammengekommen sind. Bis heute produzieren die drei zusammen etwa 300 Millionen Kubikmeter im Jahr.
Mangel »Die hauptsächlichen Reservoirs, der See Genezareth und die Bergaquifer, sind noch immer im kritischen Bereich«, weiß Uri Schor, Sprecher der staatlichen Wasserbehörde. »Wir werden den gesamten Sommer unterhalb der roten Linien bleiben.«
Wegen des extremen Mangels hatte die Behörde im vergangenen Jahr Verbrauchsgrenzen eingeführt und die Preise für das Nass stark erhöht. »In absehbarer Zeit werden die auch nicht gesenkt werden«, so Schor, »denn Wasser ist einfach teuer. Man darf nicht vergessen, dass wir hier in der Wüste leben.«
Dennoch gehen Experten davon aus, dass die große Krise mit der Inbetriebnahme von Sorek tatsächlich vorüber sein soll. 20 Prozent der heimischen Wasserversorgung und zehn Prozent des Trinkwassers wird sie produzieren. In zwei Jahren werden demzufolge 65 Prozent der gesamten Versorgung aus den vier Entsalzungsanlagen des Landes stammen.
»Diese Anlage platziert Israel – einmal mehr – an der Weltspitze in Sachen Wasserwirtschaft«, meint Behördenleiter Oded Fixler. »Unsere Reserven sind unterhalb der Warnlinie angelangt, die Landwirtschaft erhält weniger als benötigt und die Bevölkerung ist aufgefordert, auch weiterhin kontinuierlich zu sparen. Eine gradlinige Nutzung und ein cleveres Management des Sektors auch in der Zukunft wird im Endeffekt allen zugute kommen.«
Die Anlage wird eine Fläche von zehn Hektar in Sorek, unweit der Hafenstadt Aschdod, beanspruchen. Sie arbeitet mit der sogenannten Umkehrosmose-Technologie, bei der das Meerwasser unter hohem Druck durch Membranen gepresst wird, die wie ein Filter wirken und Salz sowie Bakterien, Gifte und andere Fremdstoffe zurückhalten.
Entsalzungsanlagen sind als Stromfresser bekannt. Daher sollen besonders fortschrittliche Membranen eingesetzt werden, die neben einem dickeren Wasserstrom sowie reduzierter Kosten auch einen geringeren Energieverbrauch ermöglichen. Nach Angaben der Betreiber können dadurch die Kosten pro Kubikmeter für den Verbraucher niedrig gehalten werden. Mit 2,01 Schekel (umgerechnet etwa 40 Cent) produziert die israelische Anlage im weltweiten Vergleich besonders günstiges entsalztes Wasser.
Finanzen SDL, die Projektgruppe der Anlage, die den Zuschlag für den Bau erhalten hatte, gehört zu 51 Prozent der in Hongkong ansässigen Hutchison Water International und zu 49 Prozent Israeli Desalination Engineering (IDE). Hutchison Waters Chef, Amikam Cohen, ist sicher, dass das kostbare Nass am Ende der Bauzeit fließen wird. »Der Bau in Sorek ist eine faszinierende Herausforderung. Wir bringen die besten Technologien der Welt nach Israel, um das Land mit einem exzellenten Wasser zum besonders günstigen Preis zu versorgen.«
Schätzungen zufolge werden sich die Baukosten auf etwa 300 Millionen Euro belaufen. Der Finanzminister betonte die Bedeutung für die heimische Wasserversorgung und fügte hinzu, dass die Investitionen, darunter der Europäischen Investment Bank der EU, zeigten, dass die israelische Wirtschaft stark ist und internationale Firmen anzieht. Neben der europäischen sitzen die heimischen Banken Leumi und Hapoalim mit im Boot der Finanzierung.
»Wir kämpfen um jeden Tropfen Wasser«, machte der Minister für Infrastruktur, Uzi Landau noch einmal klar. Er hat vor, in den kommenden Jahren weitere 300 Millionen Kubikmeter zu produzieren, um die sogenannte »Wassersicherheit« für sein Land zu erreichen.
Als Minister für die Mutter Natur, wie er sich selbst nennt, sei er stolz darauf, dass die Bürger hier nicht, wie in anderen Nachbarländern des Nahen Ostens, etwa Jordanien und Syrien, per Tanker mit Wasser versorgt werden müssen. »Unsere Einwohner drehen einfach den Wasserhahn auf und es läuft.«