Yahya Sinwar ist eine zentrale Figur des palästinensischen Terrors. Innerhalb der Führungsriege der Hamas gilt er als der Statthalter in Gaza, während sich seine Kollegen an vermeintlich sicheren Orten wie Katar aufhalten.
Israel sieht ihn als den zentralen Drahtzieher der Terrorattacke vom 7. Oktober an. Klar ist: Seine Tötung würde den Krieg gegen den Terror entscheidend voranbringen und die Moral steigern.
Israelischen Medien zufolge ist den Streitkräften (IDF) bekannt, wo genau sich Yahya Sinwar aufhält. Die Publikation »Israel Hayom« schreibt, sein aktuelles Versteck sei identifiziert worden. Dennoch greift die Armee den 62-jährigen Massenmörder nicht an.
Dies hat einen Grund: Sinwar umgibt sich offenbar mit israelischen Geiseln. Dies bedeutet nichts anderes, als dass er sie als lebende Schutzschilde missbraucht. Mehrere Quellen in Israel und den Vereinigten Staaten bestätigten dies. Der Schutz der Geiseln hat Priorität.
Planung und Ausführung
»The Times of Israel« zitierten Jonathan Schanzer, den Vizepräsidenten der Foundation for Defense of Democracies in Washington D.C., dessen Erkenntnisse mit dem Inhalt anderer Medienberichte übereinstimmen: »Die Berichte aus Israel der vergangenen zwei Tage decken sich mit dem, was wir seit Wochen hören: Die Israelis wissen ziemlich genau, wo sich Yahya Sinwar versteckt.«
Schanzer geht demnach davon aus, dass er sich im Terror-Tunnelsystem unter der Ortschaft Khan Younis aufhält. Im Dezember hatte es Sinwar geschafft, den IDF zu entwischen, die ihm dicht auf den Fersen waren. Eine Wohnung, in der er sich versteckt hatte, wurde damals gefunden und daraufhin zerstört.
Yahya Sinwar ist aus Sicht Israels einer von mehreren »herumlaufenden, toten Männern« der Hamas-Führungsriege, die direkt für die Planung und Ausführung der Attacke vom 7. Oktober 2023 verantwortlich sind. Dabei wurden 1200 Menschen in Israel ermordet, 250 als Geiseln genommen und viele vergewaltigt und verletzt.
Gute Gründe
Zur derzeitigen Situation, in der Israel Sinwar weiterhin ausschalten will, aber nicht kann, äußern sich die Streitkräfte nicht - aus guten Gründen. Auf das Überraschungsmoment verzichten die IDF oft genug, indem sie Bewohner Gazas jeweils warnen, bevor sie die Hamas angreifen. In diesem Fall wollen sie offensichtlich verhindern, dass die Hamas Details aus der Presse erfährt, denn ein solches Szenario könnte eine Tötung des Chef-Terroristen verhindern.
Sinwar saß 22 Jahre lang in einem israelischen Gefängnis, von 1989 an, bis er 2011 durch einen Austausch freikam. Ursprünglich sollte er vier lebenslange Haftstrafen hinter Gittern verbringen. Der heutige Hamas-Anführer organisierte in den 1980er-Jahren die Entführung von zwei Israelis und vier Palästinensern, die mit Israel kollaboriert haben sollen, sowie Morde an diesen Geiseln.
In israelischen Medien hieß es kurz nach der Freilassung von 105 Geiseln im November 2023 - im Austausch gegen mehr als doppelt so viele palästinensische Gefängnisinsassen -, Sinwar habe in fast akzentfreiem Ivrit mit israelischen Geiseln der Hamas gesprochen und sie beruhigt. Die Sprache lernte er in Haft. Einige der freigekommenen Geiseln sollen die israelischen Sicherheitsbehörden detailliert über die Begegnung informiert haben.
Verbreitete Lüge
Vor wenigen Wochen verbreitete Yahya Sinwar eine Mitteilung, der zufolge die Hamas die israelische Armee vernichten werde. Seine Organisation habe nicht die Absicht, sich den Bedingungen der »Besatzung« zu unterwerfen. Mehr als 1500 Soldaten habe die Hamas getötet. Dies ist allerdings eine Lüge. Zwischen dem 7. Oktober und gestern kamen insgesamt 519 IDF-Soldaten ums Leben.
Die Tage Sinwars dürften trotz der derzeitigen Situation gezählt sein. Wichtiger als seine Tötung ist jedoch die Befreiung der verbleibenden Geiseln, von denen sich 136 weiterhin in Gaza befinden. Offenbar sind 23 von ihnen nicht mehr am Leben.