Tel Aviv

Wahlspitzen

Wahlen unter Palmen: 6,3 Millionen Bürger Israels sind heute aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Foto: dpa

Ausgetrunken

Während Premier Benjamin Netanjahu mehrfach klarmachte, dass die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) eine Regierung unter Benny Gantz bevorzuge, erklärte der palästinensische Premierminister jetzt, dass dem nicht so sei. Mohammad Shtayyeh sagte während einer Konferenz in Ramallah vor Unternehmern: »Heute sind Wahlen in Israel. Und, offen gesagt, gibt es nicht so viel, was Bibi und Benny unterscheidet.« Bei der PA zähle man nicht auf irgendein Ergebnis, denn keiner der zwei Kandidaten habe auf der Agenda, die Besatzung zu beenden. »Ihre Unterschiede sind so wie die zwischen Pepsi Cola und Coca-Cola.«

Angespornt

In den letzten Stunden, in denen die Wahllokale noch geöffnet sind, versuchen die Parteihelfer noch einmal alles, um die Israelis zu motivieren, an die Urnen zu gehen. Mit Megafonen und Trommeln rufen sie: »Kommt wählen!« Viele fahren mit Autos und Rollern die Ausgehmeilen der Städte auf und ab. Auch Telefonanrufe, bei denen beim Abheben eine Aufnahme des Parteivorsitzenden abgespielt wird, sollen die Menschen vom Sofa hochschrecken. Die Wahllokale schließen um 22 Uhr Ortszeit.

Ausgeschlossen

Der Likud hat am Dienstag mehrere Sanktionen hinnehmen müssen, weil er offenbar wiederholt das Wahlrecht brach. Premierminister Benjamin Netanjahu gab Interviews und veröffentlichte Umfrageergebnisse – beides ist am Wahltag strikt verboten. Daraufhin wurde der automatische Messaging Chatbot auf der Facebook-Seite von Netanjahu für drei Stunden gesperrt. Es war nicht das erste Mal, dass die sozialen Netzwerke ihn ausschlossen. In der vergangenen Woche war er für 24 Stunden gesperrt worden, nachdem er gepostet hatte, dass »die Araber uns ausrotten wollen«. Facebook erklärte, dass die Veröffentlichung den Regeln gegen Hassreden widersprach.

Aufgeblasen

Pinkfarbene Ballons überall. Die Kampagne der Stadtverwaltung Tel Aviv, bei der in der Nacht von Montag auf Dienstag Tausende von Luftballons an Autos und Fahrräder gebunden wurden, soll die Menschen zum Wählen animieren. Auf den Ballons steht in weißen Lettern geschrieben: »Geh’ raus und wähl!« Besonders die Kinder in der Stadt freuten sich über den Anblick.

Ausgegeben

Die Arbeitspartei (Awoda) hat Beschwerde beim zentralen Wahlkomitee eingelegt, dass Bewohner der überwiegend ultraorthodoxen Stadt Bnei Brak in der Nähe von Tel Aviv sich als Wahlüberwacher ihrer Partei ausgeben. Awoda will, dass die drei betreffenden Wahllokale von der weiteren Teilnahme disqualifiziert werden. In der arabischen Stadt Kafr Kasem hat es einen ähnlichen Fall gegeben, berichten israelische Medien. Angeblich hat ein Einwohner so getan, als sei er ein Wahlbeobachter und habe erklärt, er sei für die städtische Wahlkommission unterwegs. Anschließend wollte er sogar unter einem anderen Namen abstimmen. Der Übeltäter wurde festgenommen.

Ausgesagt

Einer, der schon am Vortag das Ergebnis zu kennen schien, war US-Präsident Donald Trump. Er twitterte, dass es ein »enges israelisches Wahlrennen« sein wird. »Große Wahl morgen in Israel«, sagte er anschließend vor Reportern. Und: »Es ist eine 50/50-Wahl.« Regierungschef Benjamin Netanjahu bestätigte am Dienstagmorgen: »Es stimmt, was Präsident Trump gesagt hat, es ist sehr knapp.«

Angehört

Am Tag der Wahlen wird ein Fall gegen den Herausforderer des Premierministers, Benny Gantz, vor einem holländischen Gericht gehört. Ein holländischer Staatsbürger palästinensischer Abstammung klagt vor dem Bezirksgericht mithilfe des niederländischen Rechts. Ismail Ziada verlangt eine Kompensation von 600.000 Euro für den Tod von sechs Familienangehörigen während der Bombardierung von Gaza im Jahr 2014 durch die israelische Armee. Gantz, damals Stabschef, und sein Chef der Luftwaffe, Amir Eshel, fordern durch ihre Anwälte, dass der Fall abgelehnt wird.

Aufgekauft

»Am Wahltag wählt man Shopping. Nur heute: 30 Prozent Rabatt auf alle Marken wie Fox, Mango, Urban Outfitters und andere!« So und ähnlich rufen Malls und Geschäfte am für die meisten Israelis freien Tag auf. Sie wollen, dass die Menschen den Wahlgang mit einem ausgiebigen Einkaufsbummel verbinden. Auch die Fahrradkette Rosen & Meents will Käufer anlocken. In allen Zweigstellen gibt es 25 Prozent auf alle Zweiräder und Zubehör.

Angelogen

Die rechtsextreme Partei Otzma Jehudit versucht offenbar, auf plumpe Weise Stimmen vom Bündnis Yamina zu klauen. Sie verschickt SMS mit dem Absender »Otzmakaf«, die mit »Team Yamina« unterzeichnet sind. Darin fordert sie Wähler auf, ihre Stimme nicht Yamina, sondern Otzma Jehudit zu geben. Sie benutzen auch den Namen des Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaften, Israel Aumann, und schreiben: »Professor Aumann sagt, sie müssen für Otzma stimmen. Auch, wenn sie nicht mit Otzma übereinstimmen.« Was das bedeuten soll, ließen die Kahane-Nachfolger allerdings offen. Die Yamina-Vorsitzende Ayelet Shaked legte Beschwerde beim Wahlkomitee ein und konterte: »Ein Verbrechen! Professor Aumann macht klar, dass er zum Wählen für Yamina aufruft.«

Nachrichten

Auftritt, Anschlag, Drusen

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  15.01.2025

Kommentar

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Ein Deal ist die einzige Chance, die Geiseln noch aus der Gewalt der Hamas zu retten

von Mascha Malburg  15.01.2025

Israel/Gaza

Wie Israel mit der Hamas um Details des Geisel-Abkommens ringt

Vor mehr als 15 Monaten begann der palästinensische Terror den Krieg. Nun deutet viel darauf hin, dass Verhandlungen um eine Feuerpause vor dem Abschluss stehen

 15.01.2025 Aktualisiert

Nahost

USA: Gaza-Deal so nah »wie nie zuvor«

Washington gibt sich optimistisch: Eine Einigung auf eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas sowie die Freilassung von Geiseln stehe bevor. Der US-Außenminister sagt: Es liegt nun an der Hamas

von Julia Naue  14.01.2025

Würdigung

Argentiniens Präsident Milei erhält »jüdischen Nobelpreis«

Der ultraliberale Staatschef gilt als enger Verbündeter Israels und hat großes Interesse am Judentum. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Dollar will er für den Kampf gegen Antisemitismus spenden

von Denis Düttmann  14.01.2025

Gerhard Conrad

»Hamas ist ein Gegner, der nur in extremer Not einlenkt«

Der ehemalige Geisel-Unterhändler und BND-Agent über einen möglichen Deal zwischen Hamas und Israel und die Folgen für den Nahen Osten

von Michael Thaidigsmann  14.01.2025

Israel

Ben Gvir: Geisel-Deal bedeutet Ende der Regierungskoalition

Der rechte Minister gibt zu, im vergangenen Jahr eine Waffenstillstandsvereinbarung mehrfach verhindert zu haben

 14.01.2025

Terror

Bericht: Hamas akzeptiert Entwurf für Geisel-Deal

Es müssten nur noch letzte Details geklärt werden, so ein israelischer Regierungsvertreter

 14.01.2025 Aktualisiert

Israel

Luftalarm wegen Rakete aus dem Jemen

Mehrere Menschen verletzten sich auf dem Weg zum Schutzraum

 14.01.2025