Das israelische Sicherheitskabinett wird Medienberichten zufolge noch heute einer Vereinbarung für einen Waffenstillstand mit der libanesischen Terrororganisation Hisbollah zustimmen. Der Text dieser Vereinbarung sei fertig ausverhandelt worden, berichteten mehrere israelische Zeitungen übereinstimmend. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht.
Aus Regierungskreisen hieß es, die Zustimmung des Kabinetts zu der unter US-Vermittlung ausgehandelten Vereinbarung sei »wahrscheinlich«. Auch libanesische Regierungsquellen in Beirut äußerten sich optimistisch, betonten jedoch, die Entscheidung liege nun bei Israel.
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, äußerte sich vorsichtig optimistisch: Man sei nahe dran an einer Einigung über einen Waffenstillstand, man habe gute Gespräche geführt, es gehe in die richtige Richtung.
So schnell wie möglich
»Aber es ist noch nicht geschafft.« Weiter sagte Kirby, er wolle sich nicht zu Details äußern, um die Chance auf eine Einigung nicht zu gefährden. Er könne auch nicht sagen, wann es etwas mitzuteilen gebe. Die USA drängen seit Wochen auf eine Waffenruhe zwischen der schiitischen Miliz und Israel. Ihr Vermittler Amos Hochstein war diese Woche für Verhandlungen erneut in den Libanon und nach Israel gereist.
Aus Frankreich hieß es am Abend, dass die Gespräche über einen Waffenstillstand deutlich vorangekommen seien. Man hoffe, dass die beteiligten Parteien diese Gelegenheit so schnell wie möglich nutzen werden, teilte der Élysée-Palast mit.
Den vorliegenden Berichten zufolge zielt die Vereinbarung nicht auf eine nur vorübergehende Waffenruhe, sondern es soll um ein dauerhaftes Ende der Angriffe gehen. Seit nunmehr 13 Monaten greift die Hisbollah den Norden Israels mit Raketen an.
Unter zivilen Gebäuden
Israel hatte zunächst eher zurückhaltend reagiert, ging dann aber dazu über, hart gegen die Terrorattacken vorzugehen. Die Streitkräfte (IDF) töteten die gesamte Führungsriege der Hisbollah und zerstörten unzählige Waffenlager des Terrors, die zumeist in oder unter zivilen Gebäuden versteckt waren.
Zunächst rechneten die israelischen Behörden für heute mit mehr Angriffen der Hisbollah. Im Norden Israels wurden die Sicherheitsvorschriften verschärft. In einigen Gebieten sollten die Schulen am Dienstag geschlossen bleiben, weil verstärkter Raketenbeschuss befürchtet wurde.
Die israelische Armee teilte auf Anfrage mit, seit Beginn des Krieges am 7. Oktober vergangenen Jahres habe die Hisbollah mehr als 17.000 Raketen auf Israel abgefeuert. Im selben Zeitraum habe die israelische Luftwaffe rund 12.000 Terrorziele im Libanon angegriffen.
Explosionen in Beirut
Am Montag flog die israelische Luftwaffe weitere Angriffe gegen die Hisbollah. Diese erfolgten auch in Vororten Beiruts. Zuvor hatte ein Armeesprecher mehrere Evakuierungsaufrufe an die Bewohner in den anvisierten Gegenden gerichtet.
Auf Videos in sozialen Medien war zu sehen, wie ganze Gebäude infolge der Lufteinschläge zusammenbrachen. Augenzeugen berichteten, dass die Explosionen in ganz Beirut zu hören waren.
Auch in anderen Teilen des Landes griff die israelische Armee weiter an. Das Militär sprach von etwa 25 Angriffen auf Einrichtungen des Exekutivrats der Hisbollah in denen als Dahija bekannten Vororten Beiruts, auf Ziele in Nabatija im Süden und auf Ziele in der Bekaa-Ebene im Osten des Landes.
Waffenschmuggel aus dem Iran
Nach Angaben der israelischen Armee sollten vor allem die Angriffe auf Kommandozentralen des Exekutivrats die Fähigkeiten der Hisbollah schwächen, sich von den schweren Schlägen der vergangenen Monate zu erholen, sich erneut zu bewaffnen und neu zu organisieren.
Die IDF haben derweil erstmals genaueren Einblick in ihren jahrelangen Kampf gegen den Schmuggel von Waffen aus dem Iran über den Irak und Syrien zur Hisbollah-Miliz im Libanon gewährt. Der Iran finanziere und beliefere seine Verbündeten im gesamten Nahen Osten mit Waffen, allen voran die Hisbollah-Miliz im Libanon, teilte die Armee kurz vor einer möglichen Vereinbarung für einen Waffenstillstand mit der Hisbollah mit.
Der Iran habe zusammen mit der Hisbollah verdeckte Routen durch den Irak und Syrien in den Libanon eingerichtet. Dabei seien im Laufe der Jahre Tausende von Lastwagen und Hunderte von Flugzeugen eingesetzt worden, um Tausende von Raketen und weitere Waffen in den Libanon zu schmuggeln, mit denen Israel angegriffen werde.
Langer Tunnel zerstört
Die syrischen Behörden würden dabei stillschweigend mitwirken. Israel habe diese Schmuggelrouten nicht erst in den vergangenen Monaten ins Visier genommen, sondern schon seit Jahren, betonte die Armee in einer bisher seltenen Offenheit.
Unter anderem sei früher im Jahr ein dreieinhalb Kilometer langer Tunnel unter der syrisch-libanesischen Grenze zerstört worden. Er war so groß, dass ihn Lastwagen passieren konnten, wie die Armee mitteilte. Israel werde auch in Zukunft gegen jeden Versuch des Irans vorgehen, seinen Verbündeten im Nahen Osten Waffen zu liefern. dpa/ja