Noch 19 Tage – dann geht Israel an die Urnen. Viel Zeit bleibt den Parteien nicht mehr, um die Wähler auf ihre Seite zu ziehen. Doch die Kandidaten versuchen noch alles, um die Stimmung zu ihren Gunsten zu manipulieren.
Nicht allen gelingt das. In jüngsten Umfragen verliert die Union aus den Regierungsparteien Likud und Israel Beiteinu dramatisch. Einen Gewinner gibt es auch schon: Naftali Bennett, Vorsitzender der nationalreligiösen Partei »Jüdisches Haus«.
Der schaffte es in nur wenigen Wochen, die Ergebnisse seiner traditionellen Vier- bis Fünf-Prozent-Partei zu verdreifachen. Darf man den neuesten Prognosen trauen, wird der Mann mit der Häkelkippa auf dem Hinterkopf mit 14 Sitzen in die 19. Knesset einziehen. Hauptsächlich auf Kosten von Benjamin Netanjahus Likud. Doch Bennett zieht offenbar sogar Stimmen aus dem linken Lager ab.
Schelli Jachimowitschs Awoda bekommt angeblich bis zu vier Mandate weniger. Noch wäre sie damit die zweitstärkste Partei nach dem Likud. Doch wer weiß, wen Bennett mit seiner rechten Ideologie noch überzeugt.
Gerüchte Die Politik-Rückkehrerin Zipi Livni hält sich, ebenso wie Newcomer Yair Lapid, relativ stabil bei neun bis zehn Mandaten. Gerüchten zufolge überlegt Livni allerdings bereits wieder, ihrer gerade erst gegründeten Partei »Die Bewegung« den Rücken zu kehren, sollte sie nicht an einer Regierung beteiligt sein.
Für Livnis einstiges politsches Heim, Kadima, sehen die Umfragen gänzlich trostlos aus. Die Partei, die noch bei den letzten Parlamentswahlen die meisten Stimmen geholt hatte, schafft es unter dem jetzigen Chef Schaul Mofaz wahrscheinlich nicht einmal, die parlamentarische Zwei-Prozent-Hürde zu überspringen.
Obwohl die Prognosen Israel eine alte wie neue Rechts-Regierung voraussagen, hat der regierende Likud massive Einbußen hinzunehmen. Derzeit hält er gemeinsam mit der Partei von Avigdor Lieberman, Israel Beiteinu, 42 Mandate. Den Umfragen zufolge kommen die beiden am 22. Januar jedoch nur noch auf 34 bis 35. Ein herber Verlust.
Und damit sind die schlechten Nachrichten für den einstigen Außenminister nicht vorbei. Vor knapp zwei Wochen war Lieberman von seinem Amt als Israels höchster Diplomat zurückgetreten, nachdem Generalstaatsanwalt Jehuda Weinstein ihn wegen Betrugs und Vertrauensbruchs angeklagt hatte.
Vorwürfe In dem Entscheid hatte Weinstein zunächst die hauptsächlichen Vorwürfe der Geldwäsche und Bestechung fallengelassen. Doch nach der Aussage des stellvertretenden Außenministers Danny Ayalon wird die Anklage nun verschärft werden. Vor allem geht es darum, ob Lieberman mit »moralischer Verwerflichkeit« bei der Beförderung des Botschafters von Weißrussland, Zeev Ben Ariye, gehandelt habe.
Entscheiden die Richter, dass dies zutreffe, kann er nach einer Verurteilung sieben Jahre lang nicht als Minister dienen. Doch mehr noch: Würde »moralische Verwerflichkeit« im Urteilsspruch stehen, müsste Lieberman sein Knessetmandat zurückgeben. Mit sofortiger Wirkung.