Made in Germany

Von Käfer bis Biotech

Die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Zypries (4.v.r.) mit den Teilnehmern der Auftaktveranstaltung zur Start-up-initiative »Exist« Foto: Ralf Dolk / Projektträger Jülich

Made in Germany – 50 Jahre deutsche Marken in Israel» – ein halbes Jahrhundert Partnerschaft wird in Israel mit der größten Wirtschaftsausstellung des Jahres, einem Innovation Day, einer Investorenkonferenz und der Gründung des Start-up-Programms «Exist» gefeiert. «Israel und Deutschland waren wie eine Auseinandersetzung zwischen Gefühl und Verstand – und der Verstand hat gesiegt», sagt Grisha Alroy-Arloser, Geschäftsführer der deutsch-israelischen Handelskammer AHK.

Grisha steht am Eingang des langen Korridors mit anschaulichen Beispielen aus einem halben Jahrhundert Annäherung: Die Ausstellung «Made in Germany» zeigt die ersten Anfänge bis hin zur heutigen blühenden Partnerschaft. Am vergangenen Montag wurde diese Goldene Hochzeit im Rahmen der 50-jährigen diplomatischen Beziehungen vom israelischen Wirtschaftsminister Aryie Deri und der Parlamentarischen Staatssekretärin Brigitte Zypries gerühmt und mit dem neuen Start-up-Programm «Exist» gekrönt.

Knesset Wie sich diese Annäherung historisch entwickelt hat, wurde von dem israelischen Historiker Doron Arazi analysiert und für die Ausstellung in vier Phasen unterteilt: Die erste Phase reicht bis in die frühe Nachkriegszeit, als selbst deutsche Bleistifte in der Knesset noch für einen Eklat sorgten. «Allerdings muss man auch sehen, dass die israelische Infrastruktur ja praktisch durch das Wiedergutmachungsabkommen aufgebaut wurde», sagt Arazi.

Europäisch Die zweite Phase, ab den 70er-Jahren, bezeichnet er als Zeit der «gemischten Gefühle»: Deutsche Produkte wurden immer häufiger in Israel verwendet, sofern sie nicht ausdrücklich als deutsch gekennzeichnet waren. «›Europäisch‹ war in Ordnung, und deutsche Produkte waren schon immer für ihre Qualität berühmt, selbst wenn es manchmal nur hinter vorgehaltener Hand zugegeben wurde», so Arazi. Trotzdem scheiterte noch 1971 ein Verkauf von Mercedes-Bussen an das Transportunternehmen Egged am Widerstand des Jerusalemer Stadtrats – erst zehn Jahre später kam der Deal zustande.

Dagegen war Volkswagen schon seit 1960 mit einer eigenen Niederlassung vertreten. VW-Käfer gehörten in den 70ern genauso zum Stadtbild wie in Deutschland. Felix Burians Augen blitzen auf, wenn man ihn auf VW in Israel anspricht. Der 89-jährige Österreicher ist ein Meilenstein in der Tel Aviver Autogeschichte. Als talentierter Mechaniker hatte er sich vom bettelarmen Einwanderer («Wir hatten nicht einmal ein Radio, und all unser Geld war gestohlen worden») hochgearbeitet – und wurde 1960 der erste offizielle VW-Vertragspartner.

VW «Volkswagen-Felix» öffnete seine Werkstatt bereits fünf Jahre vor Beginn der diplomatischen Beziehungen in Tel Aviv. «Ich fand niemals, dass Deutsch verpönt war», erinnert sich Burian. Und Arazi bestätigt: «1963 hat VW bereits 3000 Autos in Israel verkauft.» Plakate bezeugen jedoch auch hier, dass bis weit in die 80er-Jahre von «europäischer» Produktion im «größten Werk Europas» gesprochen wurde. Obwohl jeder wusste, dass VW deutsch ist.

Die frühen 90er-Jahre markieren die dritte Phase der «langsamen Akzeptanz». «Selbst der Haushaltsgerätehersteller AEG fing an, für eine deutsche Aussprache zu werben», erzählt Arazi. Dies belegt ein Plakat von AEG mit den Punkten, die im Hebräischen die Aussprache markieren – auch in Israel hatte die Amerikanisierung von Marken begonnen, und AEG sperrte sich mit Ausspracheanweisungen dagegen. Noch etwas anderes änderte sich Bissen für Bissen: Langsam wurden Genussmittel aus Deutschland in Israel akzeptiert. Storck-Süßigkeiten oder Ritter Sport wurden nicht mehr geschmäht. Der letzte Abschnitt ist mit «Partnerschaft» betitelt und entlässt die Besucher in die größte Ausstellung des Jubiläumsjahres: Im Messebereich stellen sich deutsche Marken wie Lufthansa, Merck, Stihl Motorsägen, das Fraunhofer-Institut oder die Weihenstephan-Brauerei mit ihrer Geschichte in Israel vor.

Innovation «Made in Germany» sollte eigentlich von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel eröffnet werden, doch wegen der Griechenlandkrise wurde seine Reise in den Nahen Osten spontan durch einen Kurzbesuch von Justizminister Heiko Maas und Staatssekretärin Brigitte Zypries ersetzt. Zypries erwähnte die «erheblichen Irritationen vor 50 Jahren» und betonte, dass sich heute die starken Wirtschaftszweige beider Länder in vielen Bereichen decken – von IT über Biotech und erneuerbare Energien bis hin zu Gesundheit. «Vor 50 Jahren war das nicht vorstellbar – und dafür, dass es Realität ist, sind wir in Deutschland sehr dankbar», so Zypries, die viel Potenzial für künftige Kooperationen sieht.

Dem stimmte Israels Wirtschaftsminister Deri zu: Für ihn ist wichtig, dass sich die Eliten beider Länder auf Grundlage von Innovation verquicken, wobei Deutschland «das Businessflaggschiff des Wirtschaftswachstums» sei. Ein Beispiel dafür ist das deutsche Förderprogramm «Exist»: Israel ist das erste Partnerland Deutschlands – mit dem Ziel, das Gründungsklima weiter zu verbessern. Weitere neue bilaterale Projekte sind Universitätskooperationen sowie die «Initiative BETATEC» (Berlin-Tel Aviv-Technologie) der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer.

«Nur wegen David Ben Gurions und Konrad Adenauers Vision und Intelligenz konnten sich beide Länder so weit entwickeln», betonte Yossi Vardi. Der israelische Hightech-Unternehmer bot selbst das beste Beispiel für den Titel seines Vortrags «The Secret Sauce of Israeli Innovation»: Er warf seine vorbereitete Rede über Bord und kommentierte grinsend, Israelis seien eben anders, spontaner und risikobereiter.

Für das Urgestein der IT-Szene ist der gemeinsame Weg in den vergangenen 50 Jahren immer auch einer der Versöhnung und des Respekts gewesen. «Es war nicht immer einfach, aber es hat sich gelohnt», sagte Vardi und ergänzte: «Ich bin überzeugt, dass es nur die ersten 50 Jahre Zusammenarbeit sind und noch viele kommen werden.»

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