Mindestens vier Israelis sind am Sonntag bei massiven Raketenangriffen aus Gaza getötet worden, teilte das Barzilai-Krankenhaus in der Küstenstadt Aschkelon mit. Mehr als 100 Israelis wurden verletzt, einige von ihnen erlitten sehr schwere Verletzungen.
In der Nacht zum Sonntag war der erste Israeli durch den neuerlichen Raketenbeschuss getötet worden, als ein aus dem Gazastreifen abgefeuertes Geschoss sein Wohnhaus traf. Moshe Agadi war 58 Jahre alt und ist Vater von vier Kindern gewesen. Seit Samstagmorgen feuerten militante Palästinenser bis zum frühen Sonntagabend mehr als 650 Raketen auf israelische Ortschaften ab.
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu versammelte seine Minister am Sonntag zu einer Dringlichkeitssitzung. »Ich habe die Armee heute Morgen angewiesen, die massiven Angriffe auf Terrorziele im Gazastreifen fortzusetzen und die Streitkräfte am Rande des Gazastreifens mit Panzer-, Artillerie- und Infanterietruppen zu verstärken«, sagte Netanjahu. Die Hamas trage die Verantwortung für alle Angriffe aus dem Küstenstreifen und zahle bereits einen hohen Preis dafür.
ESC Der neue Dauerbeschuss aus dem Gazastreifen setzte nur eine Woche vor dem internationalen Gesangswettbewerb Eurovision Song Contest (ESC) in Tel Aviv ein. Bisher war Tel Aviv während der jüngsten Attacken aus dem Gazastreifen nicht angegriffen worden. Militante Palästinenserorganisationen drohten jedoch mit einer Ausweitung der Angriffe auch auf die Küstenmetropole. Ägypten bemüht sich nach Medienberichten um eine Waffenruhe.
Ein Sprecher der Europäischen Rundfunkunion (EBU), Veranstalterin des ESC, sagte am Samstag: »Sicherheit steht für die EBU immer an erster Stelle.« Man arbeite mit der israelischen Rundfunkanstalt KAN und der Armee zusammen, »um die Sicherheit all jener zu gewährleisten, die mit uns in der Veranstaltungshalle Expo Tel Aviv zusammenarbeiten und sich uns anschließen«. Man verfolge die Lage aufmerksam und die ESC-Proben gingen normal weiter, sagte Sprecher Jon Ola Sand.
In israelischen Wohngebieten mussten seit Samstag Zehntausende Menschen in Schutzräume flüchten.
Die israelische Luftwaffe griff als Reaktion auf die dauerhaften Angriffe radikaler Palästinenser seit Samstagnacht rund 250 Ziele im Gazastreifen an. Am Samstag hatten Kampfjets unter anderem ein Hauptquartier der dort herrschenden Terrororganisation Hamas sowie mehrere Raketenwerkstätten und Waffenlager zerstört. Israelische Medien berichteten, es seien auch gezielt Wohnhäuser ranghoher Mitglieder der Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad beschossen worden.
ALARM In israelischen Wohngebieten mussten seit Samstag Zehntausende Menschen in Schutzräume flüchten, in den betroffenen Regionen heulten immer wieder die Alarmsirenen. Mehrere Häuser in Ortschaften nahe dem Gazastreifen wurden von Raketen getroffen. Die Schulen in Israels Süden blieben am Sonntag geschlossen.
Die US-Regierung erklärte sich solidarisch mit Israel und sprach dem Verbündeten die »volle Unterstützung« aus für dessen »Recht auf Selbstverteidigung gegen diese abscheulichen Attacken«, wie Außenministeriumssprecherin Morgan Ortagus mitteilte.
Dagegen verurteile die Türkei die Reaktion Israels auf die palästinensischen Angriffe scharf. Das Außenministerium erklärte am späten Samstagabend: »Wir fordern die internationale Gemeinschaft dazu auf, rasch einzuschreiten, um Spannungen in der Region abzubauen, die mit Israels unverhältnismäßigem Vorgehen gestiegen sind.«
Unterdessen hat die israelische Armee am Sonntag die Tötung einer schwangeren Frau und ihres einjährigen Kindes im Gazastreifen bestritten. Der israelische Militärsprecher Jonathan Conricus sagte, die beiden seien von einer fehlgeleiteten Rakete der im Gazastreifen herrschenden Hamas getötet worden. Diese Einschätzung basiere auf »Geheimdienstinformationen aus verschiedenen Quellen«, sagte er.
»Wir sind 100 Prozent sicher, dass es nicht durch Waffen der israelischen Armee war.« Es handele sich dennoch um einen »traurigen und tragischen Vorfall«. Das Gesundheitsministerium in Gaza hatte mitgeteilt, die 37-Jährige und ihr Kind seien bei israelischen Angriffen östlich der Stadt Gaza ums Leben gekommen. dpa/ja