Nach der Freilassung einer weiteren Gruppe von Geiseln gehen die Verhandlungen über eine erneute Verlängerung der am Donnerstagmorgen endenden Feuerpause im Gaza-Krieg weiter. Die USA kündigten an, man werde weiter mit Israel, Katar und Ägypten zusammenarbeiten, um zu sehen, ob die Pausen weiter ausgedehnt werden könnten.
Auch am Mittwoch können Geiseln im Austausch mit palästinensischen Häftlingen freikommen. Israel erhielt laut Medienberichten von der Terrororganisation Hamas eine weitere Liste mit Namen von festgehaltenen Geiseln.
Am Dienstagabend hatten die Islamisten zehn Israelis sowie zwei Ausländer aus ihrer Gewalt entlassen, darunter war auch eine Frau mit deutscher Staatsbürgerschaft. Sie war die elfte deutsch-israelische Staatsbürgerin, die frei kam.
Katar und Ägypten involviert
Während der seit Freitag geltenden Kampfpause kamen damit insgesamt 81 Geiseln frei. 61 davon sind Israelis, von denen einige noch andere Staatsbürgerschaften besitzen, und 20 Ausländer. Israel ließ im Gegenzug bislang 180 palästinensische Gefangene aus seinen Gefängnissen.
Das Golfemirat Katar, Ägypten und die USA vermitteln in den Gesprächen über die Feuerpause. Am Dienstag waren CIA-Direktor William Burns und der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Doha eingetroffen, um sich mit dem katarischem Ministerpräsidenten Abdulrahman Al Thani über eine Ausweitung der Pause zu sprechen.
Katar hat enge Kontakte zu der Terrororganisation. In dem Golfemirat lebt die Hamas-Führungsspitze.
Sechste Geisel-Gruppe
Wie schon in den Tagen zuvor schickte die Hamas laut Medienberichten eine weitere Liste mit Geiseln, die am Mittwoch freigelassen werden sollten. Die »Times of Israel« berichtete unter Berufung auf das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass die betroffenen Familien der Geiseln benachrichtigt worden seien, nannte aber keine genaue Zahl. Es wäre die sechste Geisel-Gruppe, die während Kampfpause aus der Gewalt der Islamisten freikäme.
Im Gegenzug zur Freilassung der zwölf Geiseln am Dienstagabend setzte Israel eine weitere Gruppe von Palästinensern aus israelischen Gefängnissen auf freien Fuß. Alle 30 Häftlinge seien aus verschiedenen Gefängnissen freigelassen worden, teilte die israelische Gefängnisbehörde mit. Dabei handelte es sich nach diesen Angaben um 15 weibliche Häftlinge, einige noch jugendlich – und 15 männliche Minderjährige, der jüngste war 14 Jahre alt.
Die bislang freigekommenen palästinensischen Häftlinge waren wegen Messerattacken auf Israelis, Brandstiftung sowie Attacken mit Brandbomben oder Steinen verurteilt worden.
G7-Staaten für Verlängerung der Feuerpause
Vor dem Auslaufen der Feuerpause sprach sich die Gruppe sieben wirtschaftsstarker Demokratien (G7) in der Nacht zum Mittwoch für eine Verlängerung des Abkommens aus und forderte die Freilassung aller Geiseln.
»Wenn es längere Pausen gibt, die über diese zwei Tage hinausgehen, dann wissen Sie, dass wir dafür sind, und wir werden weiter daran arbeiten«, sagte Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der Vereinigten Staaten, John Kirby. Die US-Regierung wolle, dass alle Geiseln freikommen, erklärte er. Dasselbe forderten die G7-Außenminister der USA, Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Japans, Großbritanniens und Kanadas.
Washington hoffe, dass weitere Geiseln mit US-Staatsbürgerschaft freikämen, sagte Kirby. Bisher ist ein vier Jahre altes US-amerikanisches Mädchen, das die Ermordung seiner Eltern beim Hamas-Massaker miterlebte, unter den Freigelassenen gewesen.
Militärische Zerstörung der Hamas
Die Regierung in Washington geht davon aus, dass noch zwei weitere Frauen mit US-Staatsbürgerschaft festgehaltenen werden. Weitere sieben mit einem US-Pass gelten als vermisst - es ist nicht klar, ob sie unter den Geiseln sind.
Netanjahu bekräftigte trotz laufender Feuerpause das Ziel der militärischen Zerstörung der Hamas. Wie lange die Feuerpause dauern könne, sagte er nicht. »Wir haben vereinbart, dass die Frauen und Kinder und die ausländischen Geiseln zuerst freigelassen werden. Nachdem das geschehen ist, werden wir die Kämpfe fortsetzen«, sagte Netanjahu dem Sender Welt TV in einem am Dienstag veröffentlichten Interview, das auf Englisch geführt und von Welt TV ins Deutsche übersetzt wurde.
Die Hamas habe die schlimmsten Morde verübt und werde das wieder tun, sagte der konservative Regierungschef. »Wir haben überhaupt keine Wahl, als die Hamas zu vernichten«, sagte er. Dabei werde Israel weiter alles dafür tun, Zivilisten im Gazastreifen möglichst zu schonen
Jugendliche mit Hund als Geisel
Eine kleine Überraschung gab es beim Geisel-Austausch am Dienstag: Eine der Freigelassenen hatte während der 52 Tage in Gefangenschaft ihren Hund Bella bei sich. Netanjahus Büro veröffentlichte ein Foto der 17-Jährigen, wie sie zurück in Israel mit ihrer ebenfalls freigelassenen Mutter und ihrem Shih-Tzu-Hund Bella zu sehen ist.
Die junge Frau war zusammen mit anderen Familienangehörigen in den Gazastreifen verschleppt worden und hatte den Hund bei sich behalten.
In New York will der Weltsicherheitsrat unter dem Vorsitz Chinas am Nachmittag deutscher Zeit zusammenkommen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht zum Ende seiner Nahost-Reise mit dem Emir von Katar Tamim bin Hamad Al Thani über den Nahost-Konflikt und die Freilassung von Geiseln.
Derweil rief die Hamas für Mittwoch zu weltweiten »Solidaritätsprotesten« auf, die vor allem für Juden eine Gefahr darstellen könnten. dpa/ja