Vereinte Nationen

»Verabscheuungswürdige Abstimmung«

Foto: imago/Frank Sorge

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Entscheidung der Vereinten Nationen, den Internationalen Gerichtshof (IGH) um eine Stellungnahme zur Rechtmäßigkeit der israelischen Politik im Westjordanland und in Ost-Jerusalem zu bitten, scharf kritisiert. Er nannte das Votum »verabscheuungswürdig«.

»Das jüdische Volk ist weder Besatzer auf seinem eigenen Land noch Besatzer in unserer ewigen Hauptstadt Jerusalem, und keine UN-Resolution kann diese historische Wahrheit verzerren«, sagte er in einer Videobotschaft.

SCHABBAT Die UN-Generalversammlung hatte am späten Freitag – nachdem der Schabbat begonnen hatte – dafür gestimmt, einen Antrag auf ein Gutachten des IGH in Den Haag zur israelischen Besetzung des Westjordanlandes zu stellen. Der Antrag war mit 87 zu 26 Stimmen und 53 Enthaltungen angenommen worden.

Das Gutachten soll sich speziell auf die Frage konzentrieren, ob die Besetzung eine vorübergehende Realität ist, die Israel durch Verhandlungen lösen will, oder eine dauerhafte und andauernde Situation, die einer De-facto-Annexion des besetzten Gebiets gleichen würde. Die Generalversammlung bat zudem um eine Meinung darüber, wie sich die gesamte israelische Politik auf den rechtlichen Status ihrer Präsenz auswirkt, »und welche rechtlichen Konsequenzen sich aus diesem Status für alle Staaten und die Vereinten Nationen ergeben«.

Es wird erwartet, dass das Gericht Gutachten von Dutzenden von Ländern einholt, bevor es seine Stellungnahme abgibt, die in einigen Monaten erwartet wird.

MEINUNG Es handelt sich um ein Verfahren, bei dem sich die UN ohne Zustimmung der betreffenden Länder in einer bestimmten Angelegenheit an das Gericht wenden und dieses daraufhin einen Bericht verfasst, in dem es seine Position zum Thema darlegt. Die Urteile des Gerichts sind zwar nicht bindend, beeinflussen allerdings die internationale Meinung. Zuletzt befasste sich der IGH 2004 mit dem Nahostkonflikt, als die Versammlung ihn aufgefordert hatte, die Rechtmäßigkeit einer von Israel gebauten Trennmauer zu prüfen.

Israelische Vertreter sprachen nicht auf der Versammlung vom vergangenen Freitag, doch Botschafter Gilad Erdan hatte die Maßnahme zuvor in einer schriftlichen Erklärung als »empörend«, die UN als »moralisch bankrott und politisiert« und jede mögliche Entscheidung des Gerichtshofes als »völlig illegitim« bezeichnet.

Die Palästinenser begrüßten das Votum. Deren Botschafter Riyad Mansour dankte den Ländern, die die Maßnahme unterstützten und sagte im Anschluss an die Abstimmung: »Unser Volk hat ein Recht auf Freiheit.«

SOUVERÄNITÄT Ein Mitglied der rechtesten Koalition in Israels Geschichte, die in der vergangenen Woche vereidigt wurde, ließ wissen, dass Israels Besetzung dauerhaft sei - zumindest »ab sofort«. Der Parlamentarier der Rechtsaußenpartei Otzma Yehudit, Zvika Fogel, erklärte, er wolle, dass Israel weiterhin die Souveränität über das Territorium ausübe, und führte aus, dass dies die Rechte Israels »schützen« würde.

Jerusalem hatte viele Gespräche mit anderen Staaten über dieses Thema geführt. Der frühere Premierminister Yair Lapid habe persönlich etwa 60 Staats- und Regierungschefs in der ganzen Welt kontaktiert, hieß es in israelischen Medien, während Präsident Isaac Herzog mit vielen Amtskollegen sprach. Auch der neue Premier Netanjahu wirkte nach eigenen Angaben mit. »Jetzt, nach unserer Intervention, haben elf Länder ihre Meinung geändert«.

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Vermisst

Er verteidigte seinen Kibbuz

Tal Chaimi kam als Einziger des Noteinsatzteams nicht zurück

von Sophie Albers Ben Chamo  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Meinung

Geduld mit Trump

US-Präsident Trump ist vielleicht nicht der perfekte Freund Israels und der Juden, aber der beste, den sie haben. Vorschnelle Kritik an seinem Handeln wäre unklug

von Michael Wolffsohn  17.04.2025

Nachrichten

Geisel, Protest, Terroristen

Kurzmeldungen aus Israel

von Sophie Albers Ben Chamo  17.04.2025

Washington D.C.

»New York Times«: Trump lehnte Angriff auf Irans Atomanlagen ab

Israel soll einen Bombenangriff auf iranische Nuklearanlagen geplant haben - mit Unterstützung der USA. Doch mehrere Mitglieder der Trump-Regierung hätten Zweifel gehabt

 17.04.2025

Jerusalem

Netanjahu erörtert Geisel-Frage mit seinen Unterhändlern

Israels Regierungschef weist das Verhandlungsteam an, auf die Freilassung der Hamas-Geiseln hinzuarbeiten

 17.04.2025

Gaza

Hund von Opfern des 7. Oktober in Gaza gefunden

Einem israelischen Soldaten ist in Gaza ein Hund zugelaufen, der auf Hebräisch reagierte. Er nahm ihn mit zurück nach Israel und fand seine Besitzer

von Sophie Albers Ben Chamo  16.04.2025

Krieg

Terroristen in Gaza schockieren mit neuem Geisel-Video

Der Palästinensische Islamische Dschihad hat nach 18 Monaten erstmals ein Lebenszeichen von Rom Braslavski veröffentlicht

 16.04.2025