Der amerikanische Präsident Joe Biden wird Medienberichten zufolge noch heute mit seinem Nationalen Sicherheitsrat zusammenkommen. Der Grund: Die USA gehen davon aus, dass ein Angriff des Iran auf Israel kurz bevorsteht. Auch ein Gespräch mit Jordaniens König Abdullah zu diesem Thema war vorgesehen.
Bidens Regierung will eine größere Eskalation im Nahen Osten mithilfe von Partnern wie Ägypten, aber auch Großbritannien, Frankreich und Italien vermeiden. Unklar ist, ob und wie dies unter den gegenwärtigen Umständen möglich ist.
Außenminister Antony Blinken hatte seinen Kollegen aus den G7-Staaten am Sonntag mitgeteilt, ein Angriff des Iran auf Israel werde wohl innerhalb von 24 bis 48 Stunden stattfinden. Dies bedeutet, dass es bereits heute so weit sein könnte.
»Destruktiver Kreislauf«
Laut G7 könnten die jüngsten Ereignisse den Nahen Osten in einen größeren Konflikt stürzen. Daher wurden »alle beteiligten Parteien« aufgefordert, »den derzeitigen destruktiven Kreislauf der Vergeltungsgewalt nicht fortzusetzen«. Vielmehr müssten die vorhandenen Spannungen abgebaut werden. Laut G7 ist dies die Voraussetzung für eine Deeskalation in der Region.
Allerdings standen die Zeichen eher auf Eskalation, denn das Regime in Teheran gab eine sogenannte »Notice to Airmen«-Warnung (NOTAM) heraus. Diese weist Fluglinien darauf hin, dass in Teilen des Landes, nämlich in der Mitte, im Westen und im Nordwesten, Gefahren bestehen könnten, die ein Ausweichen auf alternative Flugrouten erfordern.
Unklar war am frühen Nachmittag, ob dies mit militärischen Aktivitäten zu tun hat oder Teil einer Strategie der psychologischen Kriegsführung darstellen könnte – mit dem Ziel, Israel und seine Partner nervös zu machen.
Haniyeh und Shukr
Der Iran überzieht mit seinen Stellvertretern, den Terrororganisationen Hamas in Gaza, der Hisbollah im Libanon und den Huthi im Jemen, den Nahen Osten seit Jahren mit Terror. Vor allem Israel befindet sich in Gefahr. Das Teheraner Regime droht dem jüdischen Staat regelmäßig mit Vernichtung.
Seit der Tötung zweier Chef-Terroristen, nämlich dem Militärchef der Hisbollah, Fuad Shukr, und Hamas-Führer Ismail Haniyeh, droht der Iran mit einer »angemessenen Antwort« – sprich einem Angriff auf Israel –, obwohl der jüdische Staat für den Tod Haniyehs keine Verantwortung übernommen hat.
Laut Blinken ist diplomatischer Druck auf Teheran in der momentanen Situation der effektivste Weg, einen großen Nahost-Krieg zu verhindern. Zugleich ist nicht bekannt, wie genau der Iran vorzugehen gedenkt und welche Rolle seine Stellvertreter Hamas, Hisbollah und Huthi spielen könnten. Experten üben sich im Spekulieren.
Überwältigung der Raketenabwehr
Der frühere US-Army-General Mark Hertling erklärte in einem CNN-Interview, der Iran könnte versuchen, den Anti-Raketen-Schild der Israelis mit einem Großangriff zu überwältigen und viel Schaden anzurichten. Andererseits könne es Teheran möglicherweise vorziehen, ein Signal zu senden und für eher kleinere Schäden zu sorgen.
Angst bereitet Militärs auch eine weitere Möglichkeit: Mit einem großen Angriff könnte der Iran Israels Raketenabwehr herausfordern, während die vom Regime finanzierten Terrorgruppen zeitgleich Attacken starten. Israel schließt erhebliche Schäden, Tote und Verletzte nicht aus. Dies geht aus israelischen Zeitungsberichten hervor.
Am Sonntagabend sprach US-Verteidigungsminister Lloyd Austin mit seinem israelischen Kollegen Yoav Galant. Es ging dabei um Israels Fähigkeit, sich zeitgleich gegen den Iran und seine Terror-Partner zu verteidigen sowie um Unterstützung der amerikanischen Streitkräfte.
Präventivschlag möglich
Israelische Medien berichteten derweil, ein Präventivschlag gegen den Iran sei nicht ausgeschlossen, um das Mullah-Regime unmittelbar vor einem Angriff abzuschrecken.
Der Kommandeur von US Centcom, dem Zentralkommando der Vereinigten Staaten, wurde unterdessen in Israel erwartet. General Michael Kurilla soll mit weiteren Partnern militärische Hilfe für Israel koordinieren.
In Teheran hieß es, das Land wolle bei seiner geplanten Vergeltung an Israel keine Zurückhaltung üben. »Was die Verletzung unserer territorialen Integrität angeht, machen wir keinerlei Kompromisse«, sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani. (mit dpa)