Israels Außenminister Yair Lapid sieht den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan nicht als Anzeichen für ein Ende der Einflussnahme des mächtigen Verbündeten in der Region. »Die USA suchen nach neuen Wegen, Dinge zu beeinflussen«, sagte Lapid am Mittwoch vor ausländischen Journalisten in Jerusalem. »Ich glaube nicht, dass sie sich aus dem Nahen Osten zurückziehen.«
Zu der Art des US-Abzugs aus Afghanistan sagte Lapid allerdings: »Es war vermutlich die richtige Entscheidung, die nicht auf die richtige Weise umgesetzt wurde.« Israel halte weiterhin an dem Prinzip fest, »dass wir uns selbst verteidigen«, bekräftigte der Außenminister. »Man kann nicht von anderen erwarten, diesen Job zu machen - das hat sich wieder und wieder bewiesen.«
Zu Israels Beziehungen mit den Palästinensern sagte Lapid, er sei persönlich ein »überzeugter Anhänger der Zwei-Staaten-Lösung«. Diese sieht einen unabhängigen Palästinenserstaat vor, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert. Es sei jedoch gegenwärtig nicht möglich, diese Vision umzusetzen, sagte Lapid. Israels neue Regierung müsse sich in den kommenden Jahren auf die Lösung interner Probleme konzentrieren. Auch die Realität auf der palästinensischen Seite verhindere die Möglichkeit eines Durchbruchs.
Deshalb bemühe man sich gegenwärtig lediglich um eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Palästinenser, sagte Lapid. »Wir müssen sicherstellen, dass wir nichts tun, dass der Aussicht auf eine künftige Rückkehr an den Verhandlungstisch schadet.«
Die größten sicherheitspolitischen Bedrohungen für Israel seien weiterhin das iranische Atomprogramm und die libanesische Terror-Miliz Hisbollah, sagte Lapid. Die Welt brauche angesichts gescheiterter Verhandlungen einen »Plan B« gegenüber Teheran, forderte er.
Er sehe seit dem jüngsten Treffen von Ministerpräsident Naftali Bennett mit US-Präsident Joe Biden bereits eine Verbesserung der Kommunikation, sagte Lapid zudem. Auch die Beziehungen Israels zu der Europäischen Union, dem wichtigsten Handelspartner, hätten sich unter der neuen Regierung verbessert. dpa/ja