Israel schränkt die Arbeit des Palästinenserhilfswerkes UNRWA mit Wirkung vom 30. Januar massiv ein. Worum es geht:
Was sind die Aufgaben der UNRWA?
Das Hilfswerk sollte sich im Auftrag der Vereinten Nationen (UN) seit 1950 um die Belange der Palästinenser kümmern. Zu den Aufgaben gehörte eine Gewährleistung der Grundversorgung im Westjordanland, Ostjerusalem und im Gazastreifen, sowie in Jordanien, Libanon und Syrien. Die UNRWA soll sich unter anderem um Trinkwasser, Abfallentsorgung und Sozialleistungen kümmern und betreibt Kliniken, Schulen und Ausbildungszentren. Das Hilfswerk hat rund 30.000 Angestellte, davon 13.000 im Gazastreifen.
Was wirft Israel der UNRWA vor?
Israel wirft dem Hilfswerk vor, von der palästinensischen Terrororganisation Hamas unterwandert zu sein. Mehrere Mitarbeiter der Terrororganisation sollen direkt am Massaker vom 7. Oktober 2023 in Israel verwickelt gewesen sein, bei dem 1200 Menschen ermordet, 251 verschleppt und viele vergewaltigt oder anderweitig gefoltert wurden.
Die Regierung hat ein Video veröffentlicht, das einen UNRWA-Sozialarbeiter zeigt, der am Tag des Terrorüberfalls die Leiche eines Israelis in ein Auto trägt, um sie in den Gazastreifen zu verschleppen. Auch die UN kam zu dem Schluss, dass Mitarbeiter »mit großer Wahrscheinlichkeit« am Terror gegen Israel beteiligt waren. Nach Angaben der israelischen Regierung wurden den UN Details über rund 100 UNRWA-Mitarbeiter gegeben, die Mitglieder der Hamas sein sollen.
Auch wurde aufgedeckt, dass die Massaker der Hamas in einem Chat-Raum gefeiert wurden, dem Tausende UNRWA-Mitarbeiter, darunter auch Lehrer, angehörten.
Unabhängige Experten haben die israelischen Vorwürfe gegen zwölf UNRWA-Mitarbeiter im Auftrag des Hilfswerks untersucht. Es gebe zwar »robuste« Mechanismen zur Wahrung der Neutralität, aber auch Verbesserungsbedarf, hieß es in ihrem Bericht mit Empfehlungen, die laut UNRWA umgesetzt werden.
Bereits lange vor dem 7. Oktober wurden Skandale aufgedeckt. Dazu gehörten UNRWA-Schulbücher, in denen Verschwörungsmythen über Israel verbreitet wurden.
Was hat Israels Parlament genau beschlossen?
Mit dem ersten Gesetz verbietet Israel es der UNRWA, eine Vertretung auf israelischem Territorium zu betreiben und Dienstleistungen anzubieten. Dazu zählt Ost-Jerusalem. Dort gibt es ein größeres UNRWA-Gelände mit Regionalbüro. Israel will das Gelände beschlagnahmen und darauf 1440 Wohnungen errichten. Das zweite Gesetz untersagt israelischen Behörden jeglichen Kontakt mit UNRWA oder dessen Repräsentanten. UNRWA-Mitarbeiter sollen darüber hinaus Privilegien wie Immunität und Steuerbefreiungen verlieren.
Wieso ist die UNRWA auf Zusammenarbeit mit Israel angewiesen?
Weil Israel alle Zugänge zu den besetzten Gebieten kontrolliert. Selbst wenn die UNRWA zum Beispiel in Gaza oder an anderen Orten nicht direkt die Arbeit verboten wird, dürfte es schwer werden, die Dienste aufrechtzuerhalten. Israel hat auch Arbeitsvisa für die internationalen UNRWA-Mitarbeiter ausgestellt.
Was sagt UNRWA dazu?
»Wir planen nicht, unsere Arbeit einzustellen«, sagt UNRWA-Sprecherin Tamara Alrifai. Die Umsetzung der Knesset-Gesetzgebung wäre verheerend, warnte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini im UN-Weltsicherheitsrat.
Verstößt Israel mit den Gesetzen gegen UN-Vorschriften und das Völkerrecht?
»Israel-Kritiker« werfen Israel seit Jahrzehnten vor, gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Allerdings wurde der jüdische Staat seit seiner Gründung im Jahr 1948 immer wieder von Nachbarstaaten und Terrorgruppen angegriffen und musste sich immer wieder verteidigen. Während des jüngsten Krieges, der von der Hamas begonnen würde, haben Israels Streitkräfte (IDF) die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt, während es gegen die Terror-Führung vorging. In der Geschichte der Kriegsführung ist dies ein einmaliger Vorgang.
UNO-Generalsekretär António Guterres schrieb wegen des UNRWA-Verbots an den israelischen UN-Botschafter Danny Danon, die Aufforderung, den Betrieb einzustellen und die Räumlichkeiten in Ost-Jerusalem binnen weniger Tage zu verlassen, sei »offensichtlich unvernünftig« und stehe »im Widerspruch zu Israels internationalen Verpflichtungen«.
Wie geht es weiter?
Das ist unklar. Die israelische Regierung will einen UNRWA-Ersatz, doch den gibt es bislang nicht. »Wir führen Gespräche mit UN-Beamten. Wir bieten an, eine Alternative mit anderen Nichtregierungsorganisationen zu finden, mit denen wir zusammenarbeiten möchten – vor allem mit dem (UN-Entwicklungsprogramm) UNDP«, sagte Danon in New York. Es gebe noch keine Einigung. Er warf den UN vor, die Angelegenheit verschleppt zu haben.
Was für Möglichkeiten sehen die anderen UN-Hilfsorganisationen?
»Die Arbeit des UNRWA ist so umfangreich, das kann keine andere UN-Organisation ersetzen«, sagt der Sprecher des UN-Nothilfebüros OCHA, Jens Laerke. »Mit mehr Schulen, Kliniken, Lagerhäusern, Büros und Mitarbeitern als alle anderen UN-Organisationen zusammen ist UNRWA unersetzlich für das Überleben der Zivilisten.«
Isdrael sieht dies anders. Auch das Flüchtlingshilfswerk UNHCR, das für alle Flüchtlinge auf der Welt mit Ausnahme palästinensischer Betroffener zuständig ist, könnte zukünftig einspringen.