Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser (UNRWA) hat seinen Leiter im Gazastreifen, den Deutschen Matthias Schmale, auf unbestimmte Zeit aus der von der Terrororganisation Hamas regierten Küstenenklave abberufen. Zuvor hatten palästinensische Organisationen Schmale und seinen Stellvertreter David de Bold zur Persona non grata in Gaza erklärt.
ENTSCHULDIGUNG Die Nachrichtenagentur »Reuters« zitierte am Mittwoch einen UNRWA-Sprecher mit den Worten, Schmale und de Bold seien »zu Konsultationen und Diskussionen über die jüngsten Entwicklungen in Gaza« ins Jerusalemer Hauptquartier des Hilfswerks gerufen worden. Die stellvertretende UNRWA-Generalkommissarin Leni Stenseth werde vorübergehend das Gaza-Team leiten.
Vor Kurzem hatte Schmale im israelischen Fernsehen gesagt, die Angriffe des israelischen Militärs auf Stellungen der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen im dicht besiedelten Gazastreifen während des elftätigen Konflikts im Mai seien »präzise« und »ausgeklügelt« gewesen.
Nachdem die Hamas Schmale harsch für dessen Worte kritisiert und ihm Parteinahme für Israel vorgeworfen hatte, entschuldigte dieser sich prompt und warf israelischen Medien vor, seine Worte verzerrt dargestellt zu haben.
Ein Sprecher des Hilfswerks der Vereinten Nationen sagte gegenüber dem israelischen Sender Channel 12, Schmale sei zu Beratungen nach Jerusalem zurückgerufen worden und habe sich für eine längere Beurlaubung von seinem Posten entschieden.
De Bold werde von der Hamas ebenfalls als Persona non grata betrachtet, wie palästinensische Medien berichteten. Die Entlassung beider Männer durch die UNRWA werde angestrebt, hieß es weiter.
Ein Sprecher des Hilfswerks sagte aber, de Bold werde seine Arbeit vorläufig von Jerusalem aus fortsetzen. Dagegen wurde ein für Mittwoch geplanter Protest vor dem UNRWA-Hauptquartier nach Schmales Abgang abgesagt.
EMPÖRUNG In seinem TV-Interview hatte der UNRWA-Direktor Anfang letzter Woche auch seine Auffassung kundgetan, die israelischen Schläge im jüngsten Konflikt seien trotz ihrer Genauigkeit »grausamer« gewesen als im Gazakonflikt 2014. »Also ja, sie haben, mit einigen Ausnahmen, keine zivilen Ziele getroffen, aber die Bösartigkeit und Grausamkeit der Schläge waren stark zu spüren.«
Schmale hatte zudem angefügt, dass mehr als 60 Kinder in Gaza getötet worden seien, darunter 19, die eine UNRWA-Schule besucht hätten. »Die Präzision war also vorhanden, aber es gab einen inakzeptablen und unerträglichen Verlust an Leben auf der zivilen Seite«, so Schmale. Er sagte auch, dass einige der zivilen Todesopfer durch Hamas-Raketen verursacht wurden, die im Gazastreifen selbst landeten.
Trotz seiner durch und durch israelfeindlichen Klarstellung - Israel verteidigte sich bloß gegen den Dauerbeschuss aus den Gazastreifen - zogen die Bemerkungen die Empörung der Palästinenser auf sich. Kurze Zeit später gab der Deutsche eine Entschuldigung heraus.
»Die jüngsten Bemerkungen, die ich im israelischen Fernsehen gemacht habe, haben diejenigen beleidigt und verletzt, deren Familienmitglieder und Freunde während des gerade zu Ende gegangenen Krieges getötet und verletzt wurden. Ich bedauere aufrichtig, ihnen Schmerzen zugefügt zu haben, und wiederhole die folgenden Punkte, die ich in unzähligen Interviews und Tweets gemacht habe«, so Schmale.
Und weiter: »Es gibt keinerlei Rechtfertigung für das Töten von Zivilisten. Jeder getötete Zivilist ist einer zu viel. Es ist einfach unerträglich, dass so viele unschuldige Menschen mit ihrem Leben bezahlt haben«, schrieb er auf Twitter und fügte an, »militärische Präzision und Raffinesse« könnten »keine Rechtfertigung sein für einen Krieg.« mth