Sie sind nach eigenen Angaben da, um den Schwachen zu helfen und eine Stimme zu geben. Um Missstände aufzudecken und öffentlich zu machen. Die vielen Nichtregierungsorganisationen, kurz NGOs genannt. Sie kommen aus dem In- und Ausland, heißen »Rettet die Kinder«, »Rabbiner für Menschenrechte« oder »B’Tselem«, um nur einige zu nennen. Seit einigen Wochen jedoch stehen die NGOs massiv in der Kritik. Die Vorwürfe reichen von politischer Einflussnahme über die Verunglimpfung Israels bis zur Aufwiegelung. Einige Gruppen haben eine regelrechte Hetzkampagne gegen die Organisationen gestartet.
150 bis 160 NGOs mit schätzungsweise mehreren Tausend Männern und Frauen sind vor allem in Gasa, der Westbank oder Ostjerusalem tätig. Sie geben an, der notleidenden Bevölkerung zu helfen oder Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Das tun sicher auch die meisten. Es werden jedoch immer wieder Fälle bekannt, wo Mitglieder ausländischer Gruppen bei politischen Demonstrationen gegen Israel aktiv werden, Polizei und Soldaten wüst beschimpfen. Einige inländische Gruppen, wie etwa »Machsom Watch«, passen an den Grenzübergängen zwischen Israel und den besetzten Gebieten auf. Den Mächtigen auf die Finger schauen und vermeintliche oder wirkliche Ungerechtigkeit anzuprangern, kommt nicht immer gut an. So sagte der ehemalige Leiter der Immigrationsbehörde, Tzuki Sela, dass Hilfsorganisationen für Flüchtlinge und Asylbewerber mit ihrer Arbeit Israel zerstören wollten.
Finanzierung Einigen israelischen NGOs wird vorgeworfen, von ausländischen Regierungen, hauptsächlich europäischen, finanziert zu werden. Damit jedoch wäre die politische Unabhängigkeit nicht mehr gewährleistet. Die sollte aber, wie der Name indiziert, für jede Nichtregierungsorganisation verbindlich sein. »Manipulation« lautet der Vorwurf des Leiters der Gruppe »NGO-Monitor« und Professor an der Bar-Ilan-Universität, Gerald Steinberg. Organisationen wie Mossawa, B’Tselem, HaMoked und das Alternative Informationszentrum beispielsweise würden von der schwedischen Regierung unterstützt, so Steinberg. »Es gibt kein anderes Beispiel, wo Gruppen erlaubt wird, ausländische Regierungsgelder zu benutzen, um bürgerliche Gesellschaften, Rechtswege sowie politische Systeme zu beeinflussen und zu manipulieren. Man stelle sich die Reaktion der Franzosen vor, wenn die Amerikaner heimlich eine Milliarde Dollar an eine Menschenrechtsgruppe auf Korsika überweisen würden.«
Mindestens 20 europäische Staaten sowie die EU würden NGOs in Israel mitfinanzieren, meint Steinberg. Damit, argumentiert er, dürften die sich nicht mehr als »Menschenrechtsorganisationen, die in der israelischen Gesellschaft verwurzelt sind« bezeichnen. Die betreffenden Gruppen antworteten in einem offenen Brief, dass sämtliche Aktivitäten, Ziele und Sponsoren seit jeher transparent gemacht werden.
Fonds Besonders harsch fällt die Kritik derzeit gegen den »New Israel Fund« (NIF) aus, einen Fonds, der sich nach eigener Auskunft seit drei Jahrzehnten Demokratie und Gleichheit in Israel auf die Fahnen schreibt. NIF unterstützt unter anderem B’Tselem, Ärzte für Menschenrechte, Yesch Din und die Vereinigung für Bürgerrechte in Israel, auf deren Aussagen sich Teile des Goldstone-Berichtes berufen. Dieser Bericht ist vom UN-Menschenrechtsrat zum Geschehen während der Operation »Gegossenes Blei« in Gasa in Auftrag gegeben worden und in Israel heftig umstritten. Israel wird darin verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Während unbestritten ist, dass sich der Großteil der Angaben auf palästinensische und internationale Quellen bezieht, sagen die NIF-Kritiker, dass vor allem die negativen Informationen über Israel von den 16 inländischen NGOs stammen. »Es gibt keine komplette Übereinstimmung zwischen NIF und denen, die wir sponsern«, sagt Präsidentin Naomi Chazan. »Wir unterstützen nicht alles, was diese Organisationen sagen, aber ihr Recht, es zu sagen. Die einzige Sünde mancher war es, den Ruf nach einem unabhängigen Komitee zu befürworten.«
Protest Nicht genug Erklärung für die Organisation »Im Tirtzu«, die daraufhin eine verunglimpfende Anzeige veröffentlichen ließ, auf der das ehemalige Knessetmitglied mit einem Horn dargestellt und als Naomi Goldstone-Hazan bezeichnet wird. Brisant, dass die Anzeige in der Tageszeitung Jerusalem Post erschien, für die Chazan eine regelmäßige Kolumne schrieb. Chazan und NIF drohten mit strafrechtlichen Folgen, und kurz darauf erhielt die einzige links-liberale Stimme der Zeitung ihre Kündigung per E-Mail. »Im Tirtzu« hat übrigens dieselben Geldgeber wie einige extremistische Siedlergruppen.
In ihrem Brief an Staatspräsident Schimon Peres und Premier Benjamin Netanjahu erklärten die unterzeichnenden NGOs, darunter B’Tselem, dass sie die jüngsten Entwicklungen mit großer Sorge sehen. »Wir glauben, es ist die Pflicht Israels, dies zu verdammen und daran zu arbeiten, dass der Status für all jene wiederhergestellt wird, die für Menschenrechte und eine soziale Wende arbeiten.« Demnächst soll sich ein Knessetkomitee mit dem Thema New Israel Fund und deren finanzieller Unterstützung von NGOs auseinandersetzen. Während sich einige Abgeordnete schützend hinter NIF stellten und auf die freie Meinungsäußerung beriefen, verkündete der Kadima-Abgeordnete Otniel Schneller, er werde versuchen, einen breiten Konsens für eine Untersuchungskommission zu erreichen.