Überlebende der Terrorattacke auf das Nova-Festival im Süden Israels vom 7. Oktober haben eine Klage gegen den Staat eingereicht. Sie verlangen Schadenersatz in Höhe von 200 Millionen Schekel (ca. 50 Millionen Euro), wie israelische Medien berichten.
In der von den Anwälten Anat Ginzburg und Gilad Ginzburg beim Amtsgericht Tel Aviv angestrengten Klage wird mehreren Behörden Nachlässigkeit vorgeworfen. Erwähnt werden die Streitkräfte (IDF) sowie das Verteidigungsministerium, die Polizei und der Inlandsgeheimdienst Schin Bet. Beteiligt sind 42 Überlebende.
»Ein einziger Anruf von IDF-Vertretern beim für das Festival verantwortlichen Kommandeur, um ihn zu einer sofortigen Auflösung der Veranstaltung zu bewegen - angesichts des zu erwartenden Risikos -, hätte Leben gerettet und die körperlichen und geistigen Verletzungen von Hunderten von Teilnehmern verhindert«, heißt es in der Klage.
»Schwerwiegender Sicherheitsvorfall«
Die Klageschrift enthält auch medizinische Atteste der Kläger, die den gesundheitlichen Zustand der Kläger beschreiben und belegen. Den Beklagten wird vorgeworfen, nicht oder zu spät gehandelt zu haben, obwohl Stunden vor dem Massaker eine Warnung vor einem »schwerwiegenden Sicherheitsvorfall« eingegangen sei.
Aus den eingereichten Dokumenten geht hervor, dass es bereits Wochen vor dem 7. Oktober Bedenken gab, die offenbar ignoriert wurden. Ein Antrag für die Erlaubnis für eine Party mit dem Titel »Unity«, die am 5. Oktober auf demselben Gelände stattfand, wurde demnach im Juli genehmigt. Im letzten Moment folgte ein weiterer Antrag für die Erlaubnis, das Nova-Festival durchzuführen, das am 6. Oktober begann.
Trotz von Sicherheitsbeamten geäußerten Bedenken wurden beide Anträge abgesegnet. Die Verantwortlichen sahen ein »unnötiges Sicherheitsrisiko«, aufgrund des Ortes der Veranstaltung - in Sichtweite des Gaza-Streifens. Auch das Simchat Torah-Fest war ein Faktor, der den Sicherheitsleuten Sorgen bereitete. Viele Soldaten befanden sich nicht im Dienst, da sie die Feiertage mit ihren Familien verbringen wollten.
Einschätzung der Lage
Auch wurde in der Nacht zum 7. Oktober - nur Stunden vor dem Angriff der Hamas - eine »situationsbedingte Einschätzung« der Situation durch die IDF vorgenommen, da ein »ungewöhnlicher Vorfall« an der Grenze zum Gaza-Streifen gemeldet worden war. Anstatt das Festival zu beenden, beschlossen die für die Sicherheit verantwortlichen IDF-Vertreter demnach, am frühen Morgen eine weitere Einschätzung vorzunehmen. Die Streitkräfte befürchteten offenbar Spannungen oder Kämpfe an der Grenze.
Auch andere Stellen waren alarmiert: Der Schin Bet-Geheimdienst schickte der Klageschrift zufolge am frühen Morgen des 7. Oktober ein Team zur Grenze. Dies geschah in Kooperation mit der Anti-Terror-Einheit der israelischen Grenzpolizei. Die Kläger gehen auch deshalb davon aus, dass ein Eindringen von palästinensischen Terroristen nach Israel befürchtet wurde. Sie kritisieren, dass die Veranstalter des Festivals trotz allem nicht informiert wurden.
Am frühen Morgen des 7. Oktober waren arabische Terroristen auf dem Festivalgelände aufgetaucht - in Fahrzeugen und Kleinflugzeugen. Sie ermordeten 364 Festivalbesucher und nahmen 40 Menschen als Geiseln. Viele Mädchen und Frauen wurden vergewaltigt und teilweise während dieser Verbrechen erschossen. Insgesamt waren 3500 Menschen vor Ort.
Das Desaster hätte leicht verhindert werden können, sagen die Kläger. Wann die Gerichtsverhandlung beginnt oder wie lange sie andauern wird, ist nicht bekannt.
Generell will Israel die Ereignisse des 7. Oktobers und die gemachten Fehler aufarbeiten, wenn der Krieg gegen die Terrororganisation Hamas beendet ist.