Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte der Türkei ist am Sonntag in Istanbul öffentlich eine Chanukkia gezündet worden. Am Tag darauf erklärte Präsident Recep Tayyip Erdogan, »dass eine Annäherung mit Israel der gesamten Region zugute kommen würde«.
Die diplomatische Beziehung zwischen den einstigen engen Verbündeten war 2010 stark beschädigt worden, als israelische Soldaten beim Entern einer Flottille auf gewalttätige Aktivisten stießen und neun Türken töteten. Israel hatte sich nach dem Vermitteln der USA entschuldigt und eine Entschädigung für die betroffenen Familien zugesagt. Doch Erdogan forderte zudem die Aufhebung der Blockade gegen den Gazastreifen.
Normalisierung Nun wiederholte das türkische Staatsoberhaupt die Forderungen, fügte jedoch hinzu: »Eine Normalisierung wäre gut für uns, Israel, Palästina und die gesamte Region. Ich glaube nicht, dass die israelische Öffentlichkeit mit dem derzeitigen Stand zufrieden ist. Wir müssen die Bedürfnisse der Menschen in der Region in Betracht ziehen und Frieden bringen.«
Der Generaldirektor im israelischen Außenministerium, Dore Gold, kommentierte, dass Israel durchaus an einer engeren Verbindung interessiert sei: »Israel hat sich immer um stabile Beziehungen mit der Türkei gesorgt und arbeitet permanent daran, Wege zu finden, dies zu erreichen.«
Die jüdische Gemeinde in der Türkei wird auf weniger als 20.000 Mitglieder geschätzt. Jüdisches Leben in der Türkei blickt auf eine lange Geschichte zurück. Die Wurzeln der meisten Familien liegen in Spanien, von dort flohen ihre Vorfahren im 15. Jahrhundert vor der Inquisition. Vor der Gründung des Staates Israel 1948 lebten in der Türkei mehr als 120.000 Juden. Seitdem geht die Zahl stark zurück. Jedes Jahr verlassen etwa 150 vor allem junge Juden das Land, weil sie in der Türkei keine Perspektive mehr sehen. In einer Chanukka-Botschaft hatte Erdogan die jüdischen Bürger als »untrennbaren Teil unserer Gesellschaft« bezeichnet.