Nur noch zwei Tage bis zum Sederabend. Doch die Vorfreude auf die Festwoche ist dieser Tage in Israel extrem getrübt. Statt über Gästelisten und Rezepte wird in den Familien über Ausgangssperren und Notstand gesprochen – Pessach in Zeiten der Corona-Krise.
Das israelische Gesundheitsministerium gab an, dass bis zum Montag 51 Menschen an den Folgen einer Erkrankung mit Covid-19 gestorben sind. 8611 Personen sind infiziert. 141 Patienten befinden sich derzeit auf Intensivstationen der Krankenhäuser im ganzen Land, 107 werden künstlich beatmet. Rund 200 Israelis beklagen einen mittelschweren Verlauf. Der Großteil der Infizierten hat entweder leichte oder keine Symptome.
streit Derweil ist ein Streit in der Politik über den Umgang mit überwiegend ultraorthodoxen Orten ausgebrochen, in denen die Zahl der Infektionen überdurchschnittlich hoch ist. Die Regierung hatte am Freitag beschlossen, die charedische Stadt Bnei Brak zum Sperrgebiet zu erklären. Zuvor war eine Notverordnung erlassen worden, die es ermöglicht, dass das Betreten und Verlassen entsprechender Gebiete eingeschränkt werden kann.
In der Politik ist ein Streit über den Umgang mit überwiegend ultraorthodoxen Orten ausgebrochen.
Am Montagabend will das Kabinett über die Ausweitung der Notverordnung auf andere Gegenden entscheiden. Dabei geht es um Städte und Stadtviertel Jerusalems sowie jüdische Siedlungen im palästinensischen Westjordanland, darunter Tiberias, Aschkelon, Or Yehuda, Elad und andere. Angeblich soll zudem die totale Isolierung Bnei Braks um eine weitere Woche verlängert werden. Verteidigungsminister Naftali Bennett will 700 zusätzliche Soldaten zur Überwachung der Regeln abstellen.
Einwände Nach Angaben von israelischen Medien hatte der ultraorthodoxe Gesundheitsminister Yaakov Litzman und sein Kollege im Innenministerium, Arie Deri, gefordert, dass nicht ausschließlich charedische Gegenden abgesperrt werden. Man munkelt, dass die totale Ausgangssperre zu Pessach im ganzen Land wegen der Einwände der charedischen Politiker verhängt werden soll. Die wehren sich gegen eine »Benachteiligung der ultraorthodoxen Bewohner«.
Der säkulare Vorsitzende der Partei Israel Beiteinu, Avigdor Lieberman, beschuldigte die Politiker daraufhin, die öffentliche Sicherheit mit ihren Entscheidungen bezüglich der Pandemie zu gefährden. Auf Facebook schrieb er: »Es ist wichtig zu bedenken, dass die Arbeit, die Magen David Adom und die Sicherheitskräfte jetzt tun, heilig ist. Und es ist wichtig zu sehen, dass die meisten Ultraorthodoxen zuhören und sich an die Regeln halten. Was uns beängstigen muss, sind nicht die wenigen Gesetzesbrecher, sondern die charedische Führung.«
Das Gesundheitsministerium veröffentlichte am Montag die neuesten Zahlen: Die höchste Zahl von Infizierten gibt es in Jerusalem mit 1424 Fällen, gefolgt von Bnei Brak mit 1323 und Tel Aviv mit 387. Die jüdische Siedlung Elad hat mit 163 die höchste Anzahl pro Einwohner.
Derzeit herrscht Mangel an verschiedenen Lebensmitteln, vor allem an Eiern.
Eine andere Sorge vieler Israelis, neben der Angst vor dem hochansteckenden Coronavirus, ist derzeit die der Vorbereitungen für Pessach. Normalerweise laufen sie bereits Wochen vor dem Fest auf Hochtouren. Doch derzeit herrscht Mangel an verschiedenen Lebensmitteln im Land, vor allem an Eiern.
Der Mangel hat allerdings weniger mit der Gesundheitskrise als der Angst davor zu tun. Seit Wochen tätigen viele Hamsterkäufe und bunkern Lebensmittel – auch Eier. An Pessach werden sie vor allem für die allseits beliebten Mazzeknödel in der Hühnersuppe verwendet.
abhilfe »Was ist Pessach ohne Mazzebälle«, lamentieren die Köchinnen und Köche in den heimischen Küchen. Normalerweise kann Israel sich selbst mit Eiern versorgen, doch momentan fehlen angeblich 30 Millionen. Einige Flugzeugladungen, unter anderem aus Portugal und der Ukraine, sowie Cargoschiffe aus Spanien könnten Abhilfe schaffen.
Ein letztes Schiff wird am Dienstag, also noch rechtzeitig vor dem Seder, im Hafen von Aschdod erwartet. Die Regierung erklärte, eine ganze Flotte von Lkws auf den Weg geschickt zu haben, um die kostbare Fracht rechtzeitig in die Supermärkte und damit auf die festlichen Tafeln der Israelis zu bringen.