Seine Familie und Freunde nannten ihn nur Barry. Heute wird der israelische Reservist Dov Harari auf dem Militärfriedhof von Netanja beigesetzt. Gestern schnitt er bei einer Routineaktion der israelischen Armee im Grenzgebiet zum Libanon Bäume, als die Armee des Zedernstaates plötzlich auf ihn schoss. Eine Kugel traf ihn im Kopf und tötete den Vater von vier Kindern. Eigentlich war der 45-Jährige bereits vom Reservedienst befreit, wollte jedoch freiwillig eingesetzt werden. »Er liebte sein Land und die Armee. Dieser Dienst aber sollte wirklich sein letzter sein. Und er war es dann ja auch auf tragische Weise«, sagte sein Vater Yaakov in einem Fernsehinterview. Hararis Kamerad Ezra Lakia liegt mit einer Schusswunde in der Brust im Rambam-Krankenhaus von Haifa.
UNIFIL Die Zahal-Soldaten hatten die Aktion zuvor mit der internationalen Friedenstruppe UNIFIL abgestimmt, gab ein Armeesprecher an. Zwar hätten sie für das Beschneiden einen Zaun im Grenzgebiet überschreiten müssen, seien aber trotzdem auf israelischem Gebiet gewesen. »Das war ein absichtlicher Angriff aus dem Hinterhalt«, resümierte Gadi Eizenkot, kommandierender General im Norden des Landes. »Die libanesischen Soldaten haben es geplant und die Überquerung des Zaunes als Gelegenheit genutzt.«
Wegen der harschen Reaktion von israelischen Seite, bei der nach Angaben aus dem Libanon drei Soldaten sowie ein Journalist ums Leben gekommen sind, bat die libanesische Armee via UNIFIL sofort um einen Waffenstillstand. »Ich glaube, dass es eine einmalige Aktion war, doch es war die schwerwiegendste seit dem Krieg von 2006, und daher haben wir auf diese Weise reagiert«, so Eizenkot. Mittlerweile gehen Militärexperten davon aus, dass lediglich ein Offizier, angestachelt durch seine Vorgesetzten, den Angriff durchgeführt hat.
Reaktion Verteidigungsminister Ehud Barak betonte, Israel werde es nicht hinnehmen, dass Soldaten und Zivilisten angegriffen werden. »Unsere Armee wird weiterhin auf israelisch-souveränem Gebiet operieren, dazu gehören auch die Enklaven zwischen dem Zaun und der blauen Linie.« Barak bezieht sich bei dieser Gegend auf Territorium, welches auf der anderen Seite des Grenzzaunes liegt und dennoch zu Israel gehört, da der Zaun nicht an allen Stellen parallel zur blauen Linie, der international anerkannten Grenze, verläuft. Ein Sprecher von UNIFIL sagte, oberste Priorität habe die Ruhe in der Region. Heute schon sollen die Routinearbeiten in der Enklave bei Misgav Am fortgeführt werden. Zudem wollen sich Bedienstete von UNIFIL, der IDF und der libanesischen Armee treffen und besprechen, wie derartige Vorfälle in der Zukunft vermieden werden können.
Beruhigung Wie die Politiker, so gehen mittlerweile auch viele Besucher der Region von einem einmaligen Vorfall aus. »Ich denke nicht, dass es nun zum Krieg kommt, wie damals nach der Attacke gegen unsere Soldaten im Sommer 2006. Wie im Süden ist wohl jetzt auch hier im Norden Provokation angesagt«, meint Lior Landmann, der mit seiner Familie am Donnerstag nach Obergaliläa in den Urlaub aufbrechen will. »Die Regierung von Israel weiß das und wird sicher abwägen, dass es besser ist, erst einmal stillzuhalten. Wir fahren auf jeden Fall hin.« Die Touristikverbände der Regionen im Norden riefen die Besucher ebenfalls zum Kommen und Bleiben auf: »Tun Sie einfach das, was Sie vorhatten – und tun Sie es ohne Angst«, war im Radio zu hören.
Nissim Malka, Bürgermeister von Kiriat Schmona, der Stadt an der libanesischen Grenze, erklärte, es gäbe keinen Grund für die Einwohner, sich in die Schutzbunker zu begeben. »Ich hoffe, dass es sich da wirklich nur um eine isolierte Begebenheit gehandelt hat.«