Gesundheit

Therapie aus der Tiefe

Der tiefste Punkt der Erde, der nicht von Wasser bedeckt ist, ist der wohl außergewöhnlichste Ort Israels, vielleicht sogar der ganzen Welt. Ein Ort, wo Stille hörbar ist, der Schlamm heilende Kräfte hat und Menschen auf dem Wasser schweben. 430 Meter unter dem Meeresspiegel liegt die Oberfläche des Toten Meeres an der Grenze Israels zu Jordanien. Trotz seines Namens ist das Gewässer ein Binnensee, dessen Salzgehalt mit 34 Prozent fast zehnmal so hoch ist wie der des Mittelmeeres.

Die Atmosphäre rund um das Naturwunder inmitten der Judäischen Wüste beschreiben viele, die sie erlebt haben, als »magisch«. Die Luft, die Farben, die Ruhe wirken wie von einer anderen Welt.

Doch das Tote Meer ist bedroht. Es verdunstet, bis der Boden aufbricht, weil der Jordanfluss, der aus dem Norden kommt und Süßwasser einleiten sollte, fast komplett von den Anrainern Jordanien, Israel und den Palästinensergebieten verbraucht wird. Dazu kommt die Ausbeutung des Areals zur Gewinnung der kostbaren Mineralien für die Kosmetikindustrie.

Jährlich sinkt der Wasserspiegel um rund eineinhalb Meter. Über einen Rettungsplan wird seit Jahren debattiert. Umgesetzt wurde bislang keiner.

Ökotourismus und Umweltdiplomatie

Einer, der sich damit nicht abfinden will, ist Noam Bedein. Als Gründer und Leiter des »Dead Sea Revival Project« entwickelt er seit 2016 Ansätze im Bereich Ökotourismus und Umweltdiplomatie. Der Aktivist, der die fortschreitende Zerstörung des Toten Meeres seit Jahren mit der Kamera festhält, hat eine Vision: »Bis 2030 werden wir das Tote Meer und auch den Kinneret als blühende Symbole für ökologische Widerstandsfähigkeit, nachhaltigen Tourismus und internationale Zusammenarbeit sehen.« Die ikonischen Gewässer würden so erhalten, revitalisiert und als globale Beispiele dafür dienen, wie Naturwunder durch innovative Strategien und gemeinsame Anstrengungen geschützt werden können.

Bedein hat ganz praktische Ideen für die Umsetzung, die er auch schon in die Tat umgesetzt hat. »Da der Zugang zu 98 Prozent der Strände des Toten Meeres für die Öffentlichkeit nicht mehr möglich ist, müssen wir aufs Wasser«, sagt er. Dafür hat er einmal ein Boot gechartert, auf dem er unter anderem Überlebende des Hamas-Massakers auf dem Nova-Musikfestival mitfahren ließ. Es war erst das zweite Boot, das seit 1948 das Tote Meer befahren hat.

Es geht um ökologische und psychologische Widerstandsfähigkeit.

Obwohl »nach dem 7. Oktober für uns in Sachen Tourismus zunächst alles zu Ende war«, soll es nicht das letzte Boot gewesen sein, stellt Bedein klar. Sein 3,5-Millionen-Dollar-Naturschutzplan umfasst auch eine Flotte elektrischer Wasserfahrzeuge: »In Zusammenarbeit mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) werden wir hochmoderne Elektroboote einführen, die Sightseeing-Abenteuer ermöglichen. Die Boote werden die Umweltbelastung minimieren und gleichzeitig einzigartige Erlebnisse auf den Gewässern bieten.«

Bedein setzt sich seit dem Abschluss der Abraham-Abkommen, die 2020 zur Normalisierung der arabisch-israelischen Beziehungen zwischen Israel, den VAE und Bahrain unterzeichnet wurden, für regionale Wasserdiplomatie sowie globalen Naturschutz im Arabischen Golf, in Afrika und Asien ein.

Er sieht das Projekt rund um die israelischen Gewässer als Synergie: »Die ökologische Widerstandsfähigkeit verbindet uns tief mit der Natur und fördert Einheit sowie ein erneuertes Engagement für den Naturschutz. Der schnelle Rückgang des Toten Meeres unterstreicht die Dringlichkeit unserer Bemühungen. Indem wir innovative Naturschutzstrategien integrieren und den Umweltschutz fördern, können wir sowohl unsere Gesellschaft als auch die Umwelt therapieren.«

Die Einheit fördern

Denn Bedein ist überzeugt, dass die magische Aura der Gegend zur Heilung beitragen kann – und zwar nicht nur von Einzelpersonen wie den Überlebenden des Festivals, sondern des gesamten Landes Israel. »Nach dem 7. Oktober 2023 und dem hoffentlich baldigen Ende des Gaza-Kriegs war es noch nie so wichtig, die Gesellschaft zu heilen und die Einheit zu fördern.« Für ihn symbolisiere das Tote Meer Widerstandsfähigkeit. »Und es bietet tiefgreifende Qualitäten, die für die Genesung nach einem Trauma unerlässlich sind.«

Die therapeutischen Kräfte von Luft, Schlamm und Wasser des Toten Meeres sind schon lange Teil weltweit anerkannter Therapien bei Haut- und Gelenkkrankheiten. Dass die einzigartige Luft mit einem um acht Prozent erhöhten Sauerstoffgehalt sowie Bromanteil und anderer gelöster Mineralien beim Heilungsprozess von Angststörungen und schweren Traumata helfen könnte, wurde bisher im Ansatz untersucht. Viele Studien dazu gibt es bislang aber nicht.

Nachdem Bedein vor zwei Jahren eingeladen wurde, die Berggorillas in Ruanda zu besuchen, ist dieses Projekt ein Beispiel für ihn, wie »Nachhaltigkeit durch Tourismus« erreicht werden kann. Im durch Bürgerkrieg und den Völkermord an den Tutsi geschundenen Ruanda könne man erleben, »was es bedeutet, wenn man sich um die Natur kümmert«.

»Wasser ist einer der reinsten Wege, um Brücken zu bauen.«

Noam Bedein

Grundsätzlich ginge es auch darum, wie sich ein Land selbst definiere, betont er. Dafür müsse man »gemeinsame Werte finden, durch die man die Gesellschaft verbindet«. Für ihn sind das vor allem Wasserquellen, »denn Wasser ist einer der reinsten Wege, um Brücken zu bauen«. Vor allem in Israel sei das von großer Bedeutung, »diesem Land, in dem so viel Schwieriges und Traumatisches geschieht«.

»Für zukünftige Generationen bewahren«

Das Tote Meer und den Kinneret bezeichnet Bedein als »Symbole natürlicher Schönheit, historischer Tiefe und spiritueller Bedeutung«. Seine Mission sei es, »diese Schätze für zukünftige Generationen zu bewahren« und eine tiefere Verbindung zur Natur und dem Land zu fördern.

Die einzigartige Wirkung des Toten Meeres habe er auch schon ganz persönlich erlebt. Bis vor sieben Jahren war er Kriegsreporter an der Grenze zu Gaza und lebte in Sderot, der Stadt, die seit Jahrzehnten von den Raketen aus Gaza gequält wird. »Um zu heilen, bin ich immer ans Tote Meer gefahren. Und ich weiß: Es wirkt tatsächlich Wunder.«

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