Die Zahl der Coronavirus-Tests in Israel ist über das Wochenende eingeschränkt worden. Auch die von der Regierung angekündigte Ausweitung des Testens findet zunächst nicht statt, weil die benötigten Materialien Mangelware sind. Lieferungen aus dem Ausland lassen auf sich warten, gibt das Gesundheitsministerium an.
Seniorenwohnheim Am Sonntagmorgen waren 8018 Menschen infiziert, 47 sind bislang an den Folgen von Covid-19 gestorben. Die letzten Opfer sind eine 61-jährige Frau in Cholon und ein ein 63-jähriger Mann in Jerusalem. Beide litten an Vorerkrankungen, gaben die Krankenhäuser an. Am Tag zuvor war eine 84-Jährige in Beer Schewa gestorben. Bei der Frau handelte es sich um eine Bewohnerin eines Seniorenwohnheims, das von dem Coronavirus hart getroffen ist. Zuvor waren aus demselben Haus bereits fünf Menschen den Folgen der Atemwegserkrankung erlegen.
Am Freitag hatte das Gesundheitsministerium sogenannte Drive-through-Stationen angewiesen, das Testen auf vier Stunden pro Tag zu begrenzen. Israelis, die Termine hatten, wurden auf ein späteres Datum vertröstet.
Labore müssen derzeit Tests von Patienten, die im Krankenhaus sind, den Vorzug geben.
Auch in den Laboren gehen die benötigten Mittel zuneige. Einige haben bereits erklärt, sie müssen die Zahl der Auswertungen »drastisch einschränken«, andere berichten, sie hätten lediglich noch Material für einige Tage zur Verfügung.
Esther Admon, die Leiterin der Vereinigung von Mikrobiologen und Laboranten, erläuterte, man habe keine Wahl, als Tests von Patienten, die im Krankenhaus sind, den Vorzug zu geben. Erst dann würde man jene von Leuten mit milderen Symptomen auswerten.
Exportstopps Angeblich läge es an Exportstopps für zwei Fabriken, eine in Deutschland, eine in Südkorea. »Die Lieferungen aus Deutschland haben geendet«, lautet eine offizielle Erklärung aus dem Ministerium. »Wir wissen nicht, aus welchen Gründen.« In Korea liege das Problem angeblich an einem Mangel der Rohmaterialien.
Die Zahl der Covid-19-Infizierten in Bnei Brak steigt.
Am Sonntag gab das Ministerium bekannt, dass es »vielleicht eine Lösung für das Problem gefunden hat«. Man stehe in Kontakt mit anderen Lieferanten und versuche dennoch, wie zuvor angekündigt, in den kommenden zwei Wochen 10.000 Tests pro Tag durchzuführen. Man koordiniere zudem permanent mit dem Verteidigungsministerium und dem Mossad, um dieses Ziel zu erreichen.
Währenddessen steigt die Zahl der Infizierten in der ultraorthodoxen Hochburg Bnei Brak weiter an. Die Regierung hatte das Gebiet abgeriegelt und jeglichen öffentlichen Nahverkehr dorthin eingestellt. Innenminister Arie Deri sagte, dass die ultraorthodoxen Gemeinden in Jerusalem »noch schlimmer betroffen sind«. Die meisten Patienten in der Stadt seien Charedim, führte er aus.
Randalierer Am Samstag wurde ein Fahrzeug der Stadtverwaltung mit Sanitätern in dem charedischen Viertel Mea Schearim in Jerusalem angegriffen. Die gewalttätigen Randalierer warfen Steine, zerstörten die Scheibe des Fahrzeuges und verletzten einen der Sanitäter. Bislang gab es keine Festnahmen. Fernsehkanal zwölf berichtet, dass die Täter zur »Jerusalem Faction«, einer extremistischen Charedi-Gruppe, gehören. Die Polizei bestätigte dies nicht.
Anhänger der »Jerusalem Faction« hatten sich bereits mehrfach der Durchsetzung der Vorgaben der Regierung im Rahmen des Corona-Ausbruchs durch die Sicherheitsbehörden widersetzt. Der Sanitäter Nissim Hatib musste mit einer Kopfverletzung stationär behandelt werden. Noch vom Krankenhausbett aus sagte er: »Es ist ein schreckliches Gefühl, wenn man kommt, um einem Menschen in Not zu helfen, und dann angegriffen wird«.
Abschied Unterdessen will eines der größten Krankenhäuser Israels Angehörigen erlauben, sich in Schutzkleidung am Krankenbett von sterbenden Corona-Infizierten zu verabschieden. Im Ichilov-Krankenhaus in Tel Aviv sei dies bereits Praxis, bestätigte ein Sprecher am Sonntag. Die israelische Zeitung »Haaretz« schrieb, andere Krankenhäuser in Israel suchten ähnliche kreative Lösungen. In Deutschland dürfen Sterbende in vielen Kliniken besucht werden.
Die Geschichten von Patienten, die allein sterben, entsetzen mich als Mensch und als Klinikchef. Ronni Gamzu, Chef des Ichilov-Krankenhauses
Der Ichilov-Leiter Ronni Gamzu sagte: »Die Geschichten von Patienten, die allein sterben, entsetzen mich als Mensch und als Klinikchef, und wir dürfen es nicht zulassen, dass solche Dinge in unserem Gesundheitssystem passieren.« Deshalb dürften nun Angehörige »in voller Schutzausrüstung, die vom Krankenhaus geliefert wird, von ihren geliebten Menschen Abschied nehmen«.
Dies sei »unsere moralische Pflicht als medizinisches Personal und als Menschen«, sagte Gamzu. »Ich glaube, dass der Rest der Welt unserem Beispiel folgen wird.« (mit dpa)