Es sind aufregende Tage im Nahen Osten. Während es in den letzten 25 Jahren zumindest offiziell keine Annäherung zwischen Israel und der arabischen Welt gab, wurde nun innerhalb eines Monats überraschend gleich zwei Friedensabkommen angekündigt.
Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und dem Königreich Bahrain gaben zwei Länder am Persischen Golf bekannt, dass sie sich eine Normalisierung der Beziehungen mit Israel wünschen. Oder, anders formuliert, dass sie künftig diplomatischen Austausch, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Frieden mit dem jüdischen Staat pflegen wollen.
Jahrelang lief der Kontakt zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten im Verborgenen ab.
Als Mitarbeiter der israelischen Regierung wusste ich natürlich, dass ein reger Austausch zwischen Israel und einer Handvoll arabischer Staaten besteht, mit denen Israel offiziell gar keine Beziehungen hat. Jahrelang lief dieser Kontakt im Verborgenen ab. Im Falle der VAE und Bahrains war das jedoch ein offenes Geheimnis. Das gilt auch für Saudi-Arabien, Oman, Sudan, Marokko und andere arabische bzw. islamische Staaten.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis das erste arabische Land seine guten Beziehungen zu Israel offen zugeben würde. Die VAE sind diesen ersten Schritt gegangen und haben daraufhin überwiegend Beifall geerntet, einmal abgesehen von den Extremisten in der Region, allen voran dem Regime im Iran, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und den palästinensischen Friedensverweigerern.
Das war der seit langem ersehnte Game Changer für Israel, denn Israel will Frieden mit seinen Nachbarn in der Region. Immer mehr arabische und muslimische Staaten verstehen das. Darüber hinaus verstehen immer mehr Staaten im Nahen Osten, dass Israel in vielen Bereichen, unter anderem bei Hi-Tech, Landwirtschaft und Militär, führend ist und auch seinen Nachbarn als Vorbild und als Partner dienen könnte.
Die Vereinigten Arabischen Emirate waren der seit langem ersehnte Game Changer für Israel.
Der Frieden zwischen Israel und einer zunehmenden Zahl arabischer Staaten ist nicht nur dem Vorhandensein eines gemeinsamen Feindes, dem schiitisch-islamischen Regime im Iran, zu verdanken. Er hat seine Ursache auch in einem gesunden, realistischen Blick auf die Zukunft.
Ein Rückblick: Ich bin im März 2001 nach Israel eingewandert. Die ersten Jahre dort waren wie ein Horrorfilm. Es waren die Tage der Zweiten Intifada, an denen palästinensische Terroristen sich fast täglich in die Luft sprengten und viele Menschen mit in den Tod zogen.
Ich selbst entging am 31. Juli 2002 auf dem Campus der Hebräischen Universität in Jerusalem nur knapp einem solchen Anschlag. Es waren auch Tage der Hoffnungslosigkeit: Ein Frieden mit den Palästinensern und der arabisch-muslimischen Welt wirkte unerreichbar fern.
Doch jene blutigen Tage liegen nunmehr fast 20 Jahre zurück. Im Laufe des letzten Jahrzehnts hat sich die arabische Welt fundamental verändert. Es waren die Jahre des »Arabischen Frühlings«, Jahre des Bürgerkriegs in Syrien, im Jemen, in Libyen und im Irak. Hunderttausende Muslime starben – durch die Hand anderer Muslime. Als Beispiel sei nur die Terrororganisation Daesch genannt.
Frieden ist möglich. Ich sage das seit Jahren. Und ich bleibe dabei.
Und es traten in dieser Zeit neue, jüngere Akteure auf den Plan, beispielsweise Mohammed bin-Salman in Saudi-Arabien. Sie hatten Verständnis dafür, dass zum einen die Ölreserven ihres Landes nicht für die Ewigkeit sind und man die heimische Wirtschaft dringend reformieren musste. Zum andere setzten sie sich der Aggressionen der iranischen Mullahkratie und ihrer Terrormilizen in der Region zur Wehr.
Frieden ist möglich. Ich sage das seit Jahren. Und ich bleibe dabei. Im Falle Israels allerdings nur aus einer Position der Stärke heraus - leider. Im Nahen Osten gelten nun einmal andere Regeln als in Mitteleuropa.
Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich das Gesicht des iranischen Ringers Navid Afkar vor Augen. Vor wenigen Tagen wurde er im Iran hingerichtet, nur, weil er gegen das Regime demonstriert hatte. Das schmerzt sehr und verdeutlicht, dass es nach wie vor sehr viel Leid und Unrecht im Nahen Osten gibt.
Doch zumindest seit kurzem gibt es auch Positives zu berichten. Der Horrorfilm ist abgesetzt. Im Nahostkino laufen jetzt andere, optimistischere Bilder über die Leinwand. Darüber sollten wir uns alle freuen.
Arye Sharuz Shalicar ist ein deutsch-iranisch-israelischer Politologe, Publizist und Buchautor.