Bei einer spontanen Kundgebung gegen die Regierung haben Tausende Israelis am Mittwochabend in der Küstenstadt Tel Aviv stundenlang eine wichtige Autobahn in beide Fahrtrichtungen blockiert.
Auslöser des Protests war der Rücktritt des populären Polizeibezirkschefs von Tel Aviv. Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hatte von ihm gefordert, mit harter Hand gegen die Teilnehmer der seit Monaten andauernden Demonstrationen gegen die Regierung und die von ihr geplante Justizreform vorzugehen. Ami Eshed verweigerte dies, da er eigenen Angaben nach keine »unangemessene Gewalt« anwenden wollte. Ben-Gvir und Israels Polizeichef Kobi Schabtai planten, ihn deshalb in eine andere Abteilung zu versetzen. Das lehnte Eshed ab.
Wasserwerfer Auch in anderen Städten des Landes blockierten Demonstranten Straßen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um sie zu vertreiben. In Jerusalem wurde eine Frau bei Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften verletzt. In der Hauptstadt zogen Dutzende zum Haus des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.
Auf der Kundgebung in Tel Aviv, an der nach Schätzung des Senders Kan zwischen 20.000 und 30.000 Menschen teilnahmen, zündeten Demonstranten Feuer auf mehreren blockierten Straßen an. Die Polizei hatte sichtlich Mühe, wieder Ordnung herzustellen. Mehrere Menschen wurden festgenommen.
unterbrechung Die Regierung geht den Umbau des Justizsystems, dessen Ziel es ist, das Oberste Gericht des Landes zu schwächen, nach einer Unterbrechung derzeit wieder an. Die Demonstrationen gegen die Regierung haben seitdem wieder viel Aufwind bekommen. Netanjahus Regierung wirft den Richtern eine übertriebene Einmischung in politische Entscheidungen vor. Kritiker sehen hingegen die Gewaltenteilung und die demokratische Ordnung in Gefahr.
Vor einer Woche hatte Netanjahu in einem Interview mit dem Wall Street Journal angekündigt, er wolle die sogenannte Überwindungsklausel streichen. Es handelt sich um den Teil des Vorhabens, der es der Knesset gestattet hätte, mit einfacher Mehrheit Gesetze zu verabschieden – selbst wenn das Oberste Gericht diese als nicht verfassungskonform angesehen hätte. Dieser Part war am meisten kritisiert worden. Später hatten Koalitionspartner dem Ministerpräsidenten vorgeworfen, er dürfe nicht eigenmächtig vorgehen, indem er einfach Teile der Reform streiche. dpa/ja