Das Murmeln der Gebete wabert durch die Lüfte, ein Meer von Männern, gehüllt in weiße Gebetsschals, schwankt hin und her. Es ist Pessach in Israel – und damit Zeit für den traditionellen Priestersegen an der Kotel in Jerusalem. Es sind Tausende, die am Donnerstagmorgen zum Segen Birkat Ha’Kohanim gekommen sind.
»Möge Gott dich segnen und beschützen. Möge Gott sein Angesicht auf dich leuchten lassen und dir gnädig sein. Gott, erhebe sein Angesicht zu dir und schenke dir Frieden«, lautet das Gebet, das Hunderte von Kohanim zu den Tausenden von Gläubigen sprechen, während sie ihre Gesichter mit den Gebetsschals bedecken. Die Massengebete an der Kotel finden seit mehr als fünf Jahrzehnten zweimal im Jahr statt.
Hunderte von Kohanim beten zusammen
Der Segen ist ein jüdisches Gebet, das von den Nachfahren der einstigen Tempeldiener – in direkter patrilinearer Abstammung von Aharon – regelmäßig während den Pessach-Zwischentagen (Chol HaMoed Pessach) und an Sukkot gesprochen wird. Außerdem beten die Kohanim an diesem Tag zusammen für die Freilassung der Geiseln in der Gefangenschaft der Hamas in Gaza, das Wohlergehen der IDF-Soldaten und Sicherheitskräfte, für die Heilung der Verletzten und für Frieden für das Volk Israel.
Der Priestersegen zieht an Pessach und Sukkot oft Zehntausende Menschen nach Jerusalem, die den Segen empfangen und das eindrucksvolle Spektakel sehen möchten. Die Polizei sperrte bereits in den frühen Morgenstunden die Hauptzufahrtstraßen in die Altstadt für Fahrzeuge, mit Ausnahmen für die Anwohner. Tausende Beamtinnen und Beamte sind in der gesamten Stadt, um die strengen Sicherheitsvorkehrungen durchzusetzen.
Vor Pessach wurde die Kotel gereinigt
Vor dem Beginn des Pessachfestes hatte die Western Wall Heritage Foundation die traditionelle Reinigung der Kotel durchgeführt. Dabei wurden Tausende von Gebetszetteln, die in den vergangenen sechs Monaten zwischen die Steine der Klagemauer gesteckt wurden, entfernt.
Die Reinigung erfolgte gemäß der halachischen Richtlinien mit Handschuhen und Einweg-Holzwerkzeugen. Die Zettel wurden in Säcken gesammelt und anschließend mit verschlissenen heiligen Büchern in einer dafür vorgesehenen Genisa vergraben. Rabbiner Shmuel Rabinowitz, der Rabbiner der Klagemauer und der heiligen Stätten, beaufsichtigte das Ritual persönlich.