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Surfen am Strand

Mit dem Laptop unterwegs: kein Blick mehr für die Schönheiten der Natur Foto: Thinkstock

Die Sonnenbrille hat er lässig auf die Stirn geschoben, unter dem Arm klemmt das Handtuch. Michael Starck ist auf dem Weg zum Surfen am Tel Aviver Strand. Doch der junge Amerikaner reitet nicht auf den Schaumkronen. Er sitzt im Sand und surft im World Wide Web. In Tel Aviv kein Problem mehr, auch ganz ohne Handy oder Stick. Die Stadt am Mittelmeer baut als erste Gemeinde in Israel ein flächendeckendes Netz der drahtlosen Verbindung zum Internet auf. Kostenlos und unbegrenzt für Bewohner und Besucher.

Israelis sind süchtig nach Handy und Computer. Die Tel Aviver können dieser Abhängigkeit schon in den nächsten Monaten auf der Parkbank, dem Kinderspielplatz oder unter dem Sonnenschirm mit Blick aufs Meer frönen. Während in Deutschland viele Institutionen und Lokale ihren Internetzugang lediglich gegen eine Gebühr oder zeitlich begrenzt für Kunden öffnen, ist es in Israel üblich, dass man surft, ohne eine Agora zu bezahlen. Ob im Flughafen, am Bahnhof oder während man sich einen Kaffee schmecken lässt. Der Zugang per Mobiltelefon ist hier so gut wie unbekannt.

Was vor etwa einem Jahr als Pilotprojekt in der Tel Aviver Spaziermeile Ben Gurion und dem Gordon-Strand gestartet war, wird nun flächendeckend ausgebaut. In sämtlichen Parks, entlang der großen Boulevards und Plätze sowie am gesamten Strand kann man dann seinen Facebook-Account abrufen oder auf JDate, Frimper und ähnlichen Datingsites nach der großen Liebe suchen.

Basisversorgung Der Stadtrat hat das Vorhaben in den vergangenen Tagen abgenickt, das Finanzkomitee 1,2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die Bandbreite wird genügen, um zu surfen und Basisdienste zu nutzen. Zum Hoch- oder Herunterladen von großen Datenmengen wird es nicht ausreichen. Ebenso hat die Stadtverwaltung vor, Seiten mit pornografischem und gewalttätigem Inhalt sowie Glücksspieladressen zu blockieren.

Stadtratsmitglied und Initiator Alon Solar ist begeistert. Der Mann von der Partei Rov Ha’ir (Die Mehrheit der Stadt) hat keinen Zweifel, dass die Vorteile den finanziellen Aufwand sehr schnell aufwiegen werden. »In Zeiten von Smartphone und Laptop wollen die meisten nun einmal pausenlos erreichbar und verbunden sein.« Er glaubt, eine Verwaltung sollte auf die Bedürfnisse der städtischen Bevölkerung achten und sich nicht ausschließlich um die notwendige Basisversorgung kümmern. »Es ist die Dynamik einer Großstadt. Und wenn man da mitgehen will, muss man den Einwohnern und Besuchern etwas bieten.«

In jedem noch so kleinen Café, manchmal sogar in Kiosken und Falafelbuden, prangen »Free Wifi«- oder »Hotspot«-Aufkleber am Fenster. Auch die großen Ketten Aroma, Café Café oder Espressobar sehen es als selbstverständlich an, ihren Gästen diesen Service zur Verfügung zu stellen. »Die Leute kommen zu uns, weil sie sich wohlfühlen wollen. Dazu gehören gutes Essen, netter Service und die Möglichkeit, das zu tun, was man möchte«, sagt Smadar Levy, die im Aroma an der Dizengoff-Straße arbeitet. Für die meisten ist das nun einmal das Internet.« Sie weiß, dass es für Israelis mittlerweile zum Standard eines Cafés gehört. »Keiner fragt mehr, ob es Internet gibt, alle klappen sofort ihren Computer auf. Die Kunden würden ein Café, das kein Wifi anbietet, einfach ignorieren.«

Landesweit Dabei ist Tel Aviv nicht die erste Metropole, die ihre Bürger zum Surfen auf Staatskosten einlädt. Im Jerusalemer Zentrum gibt es das Angebot seit etwa acht Jahren, in Haifa kann man sich auf Teilen der Strandpromenade kostenlos einloggen. Den Plan zur flächendeckenden Datenautobahn indes gibt es bislang nur in Tel Aviv. Doch wer die Israelis kennt, weiß, dass »connection« hier alles ist. Der Zugang im ganzen Land dürfte also keine allzu ferne Zukunftsmusik mehr sein.

Starck findet das cool. »Warum soll das Internet heute noch begrenzt sein? Früher hat man sich in der Zeitung informiert, auf dem Walkman Musik gehört, Bücher aus Papier gelesen. Heute macht man das im Web.« Während er sich die Sonne auf den Bauch scheinen lässt, skypt er mit seiner Familie in den USA, dreht sein Laptop Richtung Wasser und zeigt ihnen die Wellen. »Damit sie auch etwas von meinem Urlaub haben«, sagt er und grinst breit.

Dem Urlauber aus Los Angeles gefällt die hiesige Attitüde. »Israelis sind immer und überall verbunden. Dadurch sind sie auf dem neuesten Stand und wissen, was abgeht.« Seiner Meinung nach sollte sich die ganze Welt ein Beispiel an Tel Aviv nehmen. »Diese Stadt ist in so vielen Bereichen Vorreiter. Mit dem Straßen-Internet aber hat sie sich für immer auf meinen persönlichen Platz eins katapultiert.«

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