Geiseldeal

Streit zwischen Israel und den USA um Verhandlungen eskaliert

Der Beauftragte für Geiselfragen, Adam Boehler, mit dem neuen FBI-Chef Kash Patel, letzte Woche in Washington D.C. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Der Streit zwischen den Regierungen in Washington D.C. und Jerusalem um die Verhandlungen mit den Palästinensern wird weiterhin offen ausgetragen. Es geht dabei um direkte Gespräche der Vereinigten Staaten mit der palästinensischen Terrororganisation Hamas über die Freilassung von Geiseln. Israel soll darüber erst informiert worden sein, als die Gespräche schon liefen.

Fünf Verschleppte, die auch die amerikanische Nationalität haben, befinden sich weiterhin in der Gewalt der Hamas. In vier Fällen soll es sich um Leichen handeln. Nur ein Amerikaner ist Berichten zufolge noch am Leben.

Insgesamt halten die palästinensischen Terroristen noch 24 lebende und die sterblichen Überreste von 35 Geiseln. Sie verlangen ein Ende des von ihnen selbst begonnenen Krieges, wollen Israel jedoch erklärtermaßen auch weiterhin vernichten. Zudem haben sie weitere Massaker im Stil des 7. Oktobers bereits angekündigt.

»Reelle Chance«

Der amerikanische Beauftragte für Geiselfragen, Adam Boehler, verteidigte seine Gespräche mit der Hamas. Er erklärte in Interviews, er sei »kein Agent Israels« und meinte damit, er müsse Israel nicht in jedem Punkt informieren oder zufriedenstellen.

Dem israelischen Fernsehsender Kanal 12 sagte er, die USA seien nicht bereit gewesen, zwei Wochen lang auf die offiziellen, indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas zu warten. Boehler sprach von einer »reellen Chance« für Bewegung und eine Freilassung der Geiseln in den nächsten Wochen.

Zwar scheint sich der Vermittler der Trump-Regierung zunächst auf die amerikanische Geisel Edan Alexander und die Leichen vier weiterer US-Bürger zu konzentrieren, er betonte aber, es gehe letztendlich um alle Verschleppten. Boehler richtete auf Kanal 12 eine Message an das israelische Volk: »Sie brauchen keine Angst zu haben, dass der Präsident der Vereinigten Staaten oder ich oder irgendjemand in unserer Regierung Sie vergessen könnte.«

»Nicht schlecht«

Boehler erwähnte einen Vorschlag der Hamas. Dieser enthält ihm zufolge eine »fünf- bis zehnjährige Waffenruhe« mit Israel, in deren Rahmen sich die Terrororganisation entwaffnen und ihre Macht in Gaza abgeben würde. Es ist nur schwer vorstellbar, dass Israel einem solchen Abkommen mit den Terroristen zustimmen dürfte.

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Auch einen »Austausch aller Gefangenen« soll die Hamas vorgeschlagen haben. Boehler bezeichnete den Vorstoß der Terroristen als einen ersten Vorschlag, der als solcher »nicht schlecht« ausgefallen sei.

Bisher hatten die USA Verhandlungen mit Terrororganisationen grundsätzlich abgelehnt und vermieden. Gegenüber CNN erklärte Boehler nun, Präsident Donald Trump habe die Gespräche abgesegnet. Aus anderen Quellen verlautete, Trumps Nahostbeauftragter Steve Witkoff habe den direkten Gesprächskanal geöffnet.

»Definitionsgemäß böse Menschen«

Zuvor hatte auch Israels Minister für Strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, den amerikanischen Alleingang kritisiert. Boehler äußerte sich dazu: »Ich habe mit Ron gesprochen, und ich habe Verständnis für seine Sorgen«, sagte er gegenüber CNN. »Aber es ist ja nicht so, dass wir der Hamas die Welt versprechen, nur weil sie nette Leute sind.«

Später ruderte Boehler zurück, indem er auf der Plattform X schrieb: »Die Hamas ist eine terroristische Organisation, die Tausende von unschuldigen Menschen ermordet hat. Es sind definitionsgemäß böse Menschen.«

Im CNN-Interview wurde Boehler auch gefragt, wie es sich als jüdischer Amerikaner anfühle, mit antisemitischen Mördern zu verhandeln. Er entgegnete, sein Job verlange von ihm, mit jedem zu reden. »Dies schließt eine Menge Leute ein, die ich als nicht so gute Leute einstufen würde.«

Vermittler »ausgeschimpft«

Israelischen Zeitungen zufolge hatte Minister Ron Dermer den US-Vermittler »ausgeschimpft«, nachdem er von Boehlers direkten Gesprächen mit der Hamas in Doha erfahren hatte. Konkret kritisierte er, dass Boehler offenbar eine Freilassung palästinensischer Häftlinge im Austausch für Geiseln anbot, ohne mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Rücksprache zu halten.

Informationen über Boehlers Treffen mit dem Hamas-Verhandler Hayya könnten von israelischen Regierungsbeamten an die Medien weitergegeben worden sein. Dies vermuten offenbar die Amerikaner. Zu einer Entspannung in dem anhalten Streit zwischen den USA und Israel hat der Schritt, sollte er tatsächlich so erfolgt sein, nicht geführt.

Letzte Woche hatte bereits Donald Trump die direkten Gespräche der USA mit der Hamas gegen Kritik aus Israel verteidigt. »Wir wollen diese Leute rausholen«, hatte der Präsident erklärt.

Heute sollen die offiziellen, indirekten Verhandlungen in Katar wiederaufgenommen werden. Die USA fungieren dabei als Vermittler. im

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