Tel Aviv

Zwischen Strand und Schutzbunker

Israelis sagen, in Jerusalem wird gebetet, in Haifa gearbeitet. Und in Tel Aviv? Da wird gelebt.

Das erzähle ich meiner Freundin Laura im Flugzeug auf dem Weg nach Israel. Wir haben uns ganz spontan für einen Kurztrip nach Tel Aviv entschieden. Drei Tage in der Stadt, die das Leben feiert, wie keine andere. Jung, modern, bunt - und eine Menge an unglaublich gutem Essen.

ALARM Ich warne Laura noch vor langen Schlangen am Airport, lebensmüden Scooter-Fahrern und irrational hohen Lebensmittelpreisen. Dass ich sie nur wenige Stunden später darüber in Kenntnis setzen muss, wie lange man nach einem Sirenenalarm Zeit hat, um in einen Schutzbunker zu gelangen, hatte ich sicherlich nicht auf dem Schirm. Es war schließlich ihr erster Trip nach Tel Aviv, und den hatte ich mir etwas anders vorgestellt.

Die Kellnerin im Restaurant weist uns auf den nächsten Luftschutzbunker hin.

Doch nur zwei Stunden nach unserer Ankunft trifft uns die bittere Realität, mit der jeder Israeli längst gelernt hat zu leben und die sich auch uns in allen Facetten zeigt: In Freiheit ungezwungen zu leben, ist hier keine Selbstverständlichkeit, die Sicherheitslage kann sich urplötzlich und ohne große Vorwarnung ändern.

Und so sitzen wir am Freitagabend mit etwas mulmigen Gefühlen in einem Restaurant an der Tayelet, die heute wie ausgestorben ist, und hören immer wieder Raketen in der Ferne. Die Kellnerin weist uns auf den nächsten Luftschutzbunker hin.

IRON DOME Das erste hebräische Wort, das Laura lernt, ist nicht »Shalom« oder »L’Chaim«, sondern »Mamad« - der Sicherheitsraum, den es glücklicherweise in den meisten Häusern und Wohnungen in Israel gibt.

Was mache ich, falls ich die Sirene nachts nicht höre, fragt Laura vor dem Schlafengehen. Du wirst sie hören, antworte ich ihr.

Abends sitzen wir noch lange auf dem Balkon und hören den Militärflugzeugen zu, die im Minutentakt an uns vorbeifliegen. Die meistbenutzte App an diesem Wochenende auf unseren Handys ist nicht Instagram oder Gett, sondern Red Alert. Hier werden alle Raketenangriffe minütlich aufgezeigt.

Auch weiß Laura inzwischen, wie der »Iron Dome« funktioniert und dass man nach dem Sirenenalarm genau 90 Sekunden Zeit hat, um sich in einen Schutzbunker zu begeben.

EXPLOSIONEN Was mache ich, falls ich die Sirene nachts nicht höre, fragt sie mich vor dem Schlafengehen. Du wirst sie hören, antworte ich ihr. Und trotzdem lassen wir die Fenster einen Spalt offen. Nur, um auf Nummer sicher zu gehen.

Das Wochenende wird anders als geplant, und dennoch machen wir genau das, was die Menschen hier im Land auszeichnet. Wir lachen, essen und gehen an den Strand, wenn auch mit angezogener Handbremse. Denn das ist Israel. Gleichzeitig wird hier immer aufs Ganze gesetzt. Selbst als die Sirenen dann wirklich zu hören sind, wir in den nächsten Schutzraum flüchten und die dumpfen Explosionen der Raketen hören.

Wir lachen, essen und gehen an den Strand, wenn auch mit angezogener Handbremse. Denn das ist Israel.

Kurz nach dem Alarm ist alles wieder normal. Das Tel Aviver Kurzzeitgedächtnis, mit Streetfood, Strand und Nachtleben betäubt. Es ist sicherlich nicht das, was Laura von ihrer ersten Reise nach Tel Aviv erwartet hat, aber so ist dort das wahre Leben.

Wiedersehen Und es macht nachdenklich, denn im Flugzeug auf dem Weg zurück nach Deutschland sprechen wir über Dankbarkeit und darüber, wie gut es uns geht, weil wir in Sicherheit leben dürfen.

Ein anderes hebräisches Wort hat sie dann aber doch noch gelernt: »Lehitraot« - auf Wiedersehen. Denn eines weiß sie sicher: Sie wird wiederkommen.

Die Autorin ist Journalistin beim Bayerischen Rundfunk.

Umsiedlung

Benny Gantz zu Trumps Gaza-Idee: »Kreativ und originell«

Reaktionen aus Israel und den USA zum Vorstoß des US-Präsidenten, die 2,3 Millionen Bewohner des Küstenstreifens umzusiedeln, und ihn unter amerikanischer Vorherrschaft wieder aufzubauen

 05.02.2025 Aktualisiert

Washington D.C.

Trump: Die USA werden Gaza übernehmen

Im Zweifel werden US-Truppen dabei helfen. Aus Gaza könne eine »Riviera des Nahen Ostens« werden

von Christiane Jacke, Dennis Düttmann, Imanuel Marcus, Luzia Geier  05.02.2025 Aktualisiert

Washington D.C.

Netanjahu berät über Verhandlungen mit der Hamas

Die Verhandlungen über die zweite Phase des Geisel-Deals hätte schon am Montag beginnen sollen

 04.02.2025

Washington D.C.

»Israel ist ein kleines Land«

Donald Trump wird gefragt, ob die USA einer Annexion des Westjordanlandes durch Israel zustimmen würden. Seine Antwort ist typisch und bezeichnend

 04.02.2025

USA/Israel

Trump empfängt Netanjahu im Weißen Haus

Als erster ausländischer Staatsgast in Trumps zweiter Amtszeit kommt der israelische Regierungschef nach Washington. In dem Republikaner hat der israelische Besucher einen wohlwollenden Unterstützer gefunden

 04.02.2025

Westjordanland

Zwei Tote bei Terroranschlag auf IDF-Soldaten, Siedler greifen Ortschaft an

Acht IDF-Soldaten sind verletzt, zwei davon schwer. Siedler sollen Steine auf palästinensische Häuser geschleudert, Wassertanks zerstört und Autos beschädigt haben

 04.02.2025

Sderot

Entlang der Mauer

Seit Sonntag läuft der nach dem 7. Oktober unterbrochene Bahnverkehr Richtung Norden wieder. Züge werden durch besondere Maßnahmen geschützt

 03.02.2025

Jerusalem

Israel droht trockenster Winter seit einem Jahrhundert

Kaum Regen und warme Temperaturen - das hat Folgen für Israel. Teilweise fielen bisher weniger als ein Drittel der üblichen Durchschnittsmengen an Regen

 03.02.2025

USA

Netanjahu verhandelt in Washington über neue Phase des Waffen-Deals

Zunächst kommt es zu einem Treffen mit dem amerikanischen Nahost-Gesandten Steve Witkoff

 03.02.2025