Der Stabschef der israelischen Armee (IDF), Herzi Halevi, hat einen Oberst und einen Major wegen ihrer Rolle bei dem Angriff auf einen Hilfskonvoi des »World Central Kitchen« (WKC) gefeuert, bei dem sieben Helfer starben. Mehrere Kommandeure wurden außerdem gerügt.
Wie die »Times of Israel« berichtet, befahl Stabschef Halevi Oberst Nochi Mendel, den Stabschef der Nahal-Infanteriebrigade, und den für die Feuerkoordinierung der Brigade zuständigen Major von ihren Posten zu entfernen. Der Kommandant der Brigade, Yair Zukerman, erhielt eine Rüge, ebenso wie Generalmajor Yaron Finkel, der das Südkommando der IDF befehligt und Brigadegeneral Itzik Cohen, Chef der 162. Division.
Die Untersuchung des General Staff Fact-Finding Assessment Mechanism, eine unabhängige Organisation innerhalb der Armee, kam zu dem Ergebnis, dass die Befehlshaber den Angriff auf den Konvoi angeordnet haben, ohne ihrer Sorgfaltspflicht zur Genüge nachzukommen.
Soldaten dachten, ein Terrorist säße im Auto
Der Untersuchung zufolge begann der Vorfall am Montag gegen 22 Uhr, als 300 Tonnen Hilfsgüter des WCK von einem Schiff entladen wurden. Kurz darauf sei ein Konvoi der Hilfsorganisation zu einem Lagerhaus in der Innenstadt von Deir al-Balah aufgebrochen. Auf dem Weg dorthin sei ein Schütze auf das Dach eines der Lkw geklettert und habe um sich geschossen. Der Unbekannte soll erst im Lagerhaus abgestiegen sein. Zu diesem Zeitpunkt habe der für die Region zuständige IDF-Divisionskommandeur versucht, Kontakt mit dem Sicherheitsverantwortlichen des WCK aufzunehmen. Dem sei es von Europa aber nicht gelungen, das Team im Gazastreifen zu erreichen.
Vor dem Lagerhaus soll eine Militärdrohne dann etwa 15-20 Männer entdeckt haben, von denen mindestens zwei bewaffnet gewesen sein sollen. Einer der IDF-Soldaten schlussfolgerte daraus, dass es sich um Hamas-Terroristen handeln müsse. Doch der Divisionskommandeur verbot ihm, das Feuer zu eröffnen, da sich die Männer zu nah am Konvoi aufhielten.
Gegen 23 Uhr verließen drei Geländewagen des WCK das Lagerhaus. Der Untersuchung zufolge glaubte einer der IDF-Kommandeure fälschlicherweise, dass auch ein Hamas-Terrorist eingestiegen sei. Dabei gab es keine Beweise, dass der Mann bewaffnet war. Eine Drohnenaufnahme soll zeigen, dass er eine Tasche und keine Pistole bei sich trug.
Um 23.09 Uhr erfolgte dennoch der Drohnenangriff auf das Fahrzeug, in dem der angebliche Terrorist saß. Menschen flohen aus dem getroffenen Auto in zwei weitere Fahrzeuge. Kurz darauf wurden auch diese angegriffen.
Ein schwerer Fehler, wie die israelische Armee erneut zugab. »Der Angriff auf die Hilfsfahrzeuge war ein schweres Versehen, das wegen schwerer Fehler gemacht wurde: Das Resultat falscher Identifizierung, ein Versehen in der Entscheidungsfindung und ein Angriff entgegen aller Befehle und Feuer-Vorschriften«, heißt es in der Untersuchung.
Informationen über Route nicht weitergegeben
José Andrés, der Gründer von World Central Kitchen, hatte der israelischen Armee vorgeworfen, die Helfer absichtlich getötet zu haben. »Die Luftangriffe auf unseren Konvoi waren nicht nur ein unglücklicher Fehler im Nebel des Krieges«, schrieb in der israelischen Tageszeitung »Yedioth Ahronoth«. Es habe sich um einen direkten Angriff auf deutlich gekennzeichnete Fahrzeuge gehandelt, deren Bewegungen der IDF bekannt gewesen seien.
Bitter: Der Untersuchung zufolge waren hochrangige IDF-Kommandeure zwar über den geplanten Konvoi informiert, gaben diese Informationen aber nicht an die unteren Glieder der Befehlskette weiter.
Die IDF-Soldaten wollen außerdem nicht erkannt haben, dass es sich um einen Konvoi der Hilfsorganisation handelte, denn die Logos auf den Dächern seien auf den Wärmebildkameras der Drohnen nicht zu erkennen gewesen. In Zukunft sollen Fahrzeuge von Hilfsorganisationen deshalb mit besonderen Aufklebern ausgestattet werden, sodass sie auch von Thermalkameras eindeutig erkannt werden können.
Sieben Helfer von »World Central Kitchen« starben bei dem Angriff. Bei den Opfern handelt es sich um: John Chapman (57), James Henderson (33) und James Kirby (47), alle aus Großbritannien, sowie Saifeddin Issam Ayad Abutaha (25) aus den Palästinensischen Gebieten, Lalzawmi (Zomi) Frankcom (43) aus Australien, Damian Soból (35) aus Polen und Jacob Flickinger (33), einen US-kanadischen Doppelstaatsbürger. ja