Freigelassene Geiseln und Angehörige von Verschleppten, die sich noch immer in der Gewalt der Hamas befinden, drückten am Dienstag ihren Schock und ihre Sorge über die Wiederaufnahme der Kämpfe in Gaza aus. Viele der nach Hause zurückgekehrten Geiseln hatten berichtetet, dass sie die Angriffe Israels gegen die Hamas oft als lebensbedrohlich erlebt haben.
Das Familienforum für Geiseln erklärte: »Die größte Angst der Familien, der Geiseln und der Bürger Israels hat sich bewahrheitet – die israelische Regierung hat beschlossen, die Geiseln aufzugeben.« Derzeit befinden sich noch 59 Geiseln in Gaza, 24 von ihnen sollen nach Erkenntnissen der israelischen Sicherheitskräfte noch am Leben sein. Bei allen handelt es sich um junge Männer, die am 7. Oktober 2023 entführt wurden, als die Hamas in Südisrael ein Massaker verübte, mehr als 1200 Menschen tötete und 251 Geiseln nahm, was den Krieg in Gaza auslöste.
Auch freigelassene Geiseln reagierten. Die Freundin von Avinatan Or, Noa Argamani, postete ein zerbrochenes rotes Herz in den sozialen Medien. Avinatan gehört zu den vermutlich noch lebenden Geiseln, die in der zweiten Phase des Waffenstillstands freigelassen worden wären. Vor wenigen Tagen hatte es das erste Lebenszeichen des 32-Jährigen gegeben.
Sie posten zerbrochene rote Herzen
Auch die Frau von Omri Miran, Lishay Miran, veröffentlichte das Emoji. In einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Radiosender Kan warf sie zudem der Regierung vor, das Abkommen für den Waffenstillstand und die Geiselbefreiung zu verletzen, und forderte die Öffentlichkeit auf, sich der Demonstration des Familienforums in Jerusalem anzuschließen.
»Werde ich bald Schiwa sitzen?«, fragte sie und bezog sich dabei auf die jüdische Trauerzeit nach dem Tod eines Familienmitglieds. »Ich schäme mich nicht mehr, diese Frage zu stellen. Muss ich mich also vorbereiten?« Auch ihr Schwiegervater Dani Miran sagte im Armeeradio, er sei völlig »entsetzt« von den wieder begonnenen Kämpfen. »Für mich ist heute ein schwarzer Tag«, sagte er. »Ich dachte, mein Sohn würde in einer Woche freikommen.«
Er griff auch den neuen Stabschef der IDF, Eyal Zamir, an, der Anfang des Monats das Amt des israelischen Generalstabschefs übernommen hatte. »Dieser Generalstabschef wurde ausgewählt, um die Agenda der Regierung umzusetzen. Und ihre Agenda ist Krieg.«
Emily Damari: »Mein Herz ist vor allem gebrochen, erschüttert und enttäuscht.«
Die freigelassene Geisel Emily Damari, die aus ihrem Haus im Kibbuz Kfar Azza entführt und während der ersten Phase des Geiselnahme- und Waffenstillstandsabkommens freigelassen wurde, drückte ebenfalls in den sozialen Medien ihre Enttäuschung und ihre Sorge über die Wiederaufnahme der Kämpfe aus. »Mir gehen so viele Dinge durch den Kopf, und ich weiß nicht, wie ich sie ausdrücken soll – aber mein Herz ist vor allem gebrochen, erschüttert und enttäuscht.«
Tikva-Forum begrüßt Fortsetzung des Krieges
Auch die Organisation »Ima Era« (Aufgewachte Mutter), die sich aus Müttern israelischer Soldaten zusammensetzt, erklärte, die Wiederaufnahme der Kampfhandlungen weniger als 24 Stunden nach der Entlassung des Schin-Bet-Chefs Ronen Bar durch Premierminister Benjamin Netanjahu gebe Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich des Zeitpunkts der Entscheidung. »Wir werden nicht zulassen, dass unsere Kinder als Schutzschild für eine Regierung dienen, die das Vertrauen der Öffentlichkeit verloren hat«, schrieb sie.
Das kleinere Tikva-Forum, das sich aus einigen Familien der Geiseln zusammensetzt, die ein Abkommen mit der Hamas kategorisch ablehnen, begrüßte indes die Fortführung des Krieges gegen die Hamas und erklärte: »Wenn der Angriff, der heute Morgen begonnen hat, mit Nachdruck und ohne Unterbrechung fortgesetzt wird, kommen unsere Angehörigen sofort frei. Die letzten Wochen haben bewiesen, was wir die ganze Zeit gesagt haben: Die Hamas wird die Geiseln niemals freiwillig freigeben.« Sogar die IDF hatte allerdings immer wieder erklärt, dass militärischer Druck nicht zur Befreiung aller Geiseln führen könne.
Kundgebung für Geiselbefreiung in Jerusalem
Viele Angehörige schlossen sich einer Kundgebung für die Geiselbefreiung an, die am Dienstagnachmittag in Jerusalem vor der Knesset begann. Carmi Palty Katzir, deren Bruder Elad in Gefangenschaft getötet wurde, sagte dabei: »Wäre rechtzeitig eine Einigung erzielt worden, könnten wir, die Familien, die den höchsten Preis von allen bezahlt haben, eine andere Realität erleben.«
Doch stattdessen, warnte sie, »wird sich der Kreis der Hinterbliebenen weiter vergrößern – und das alles vergebens«. Palty Katzir forderte von der Regierung, an den Verhandlungstisch zurückkehren, um eine umfassende Einigung zu erzielen, die die Freilassung aller Geiseln im Gegenzug für das Ende des Krieges vorsieht. In Richtung Koalition sagte sie: »Geschieht das nicht, klebt das Blut der nächsten Geisel an Ihren Händen.«