Wie erwartet war es dramatisch. Die Fans schrien sich die Lungen aus dem Hals, die Spieler gaben alles, was in ihren durchtrainierten Körpern steckte und die Zuschauer auf ihren Sofas daheim knackten vor Aufregung doppelt so viele Sonnenblumenkerne wie sonst. In einem Killerspiel holte Hapoel Tel Aviv am vergangenen Samstag die Meisterschaft in der Premier League nach Hause. Drei Tage vorher hatte sich die Elf von Trainer Eli Gutman bereits den Pokal gesichert. Ausgelassen wurde anschließend gefeiert – ein schöner Tag. Nicht so für den eigentlichen Favoriten Makkabi Haifa. Das 1:1 gegen Bnei Jehuda hatte am Ende nicht ausgereicht. Grund genug für die Fans, gewalttätig zu werden. Keine Ausnahme im israelischen Fußball. Sondern die Regel.
Hooligans Immer öfter dreschen Hooligans nicht nur aufeinander ein, sondern richtet sich die Gewalt gegen Trainer, Schiedsrichter oder Manager, die dabei nicht selten um ihr Leben fürchten müssen. Am vergangenen Samstag traf es Avi Luzon, den Vorsitzenden der israelischen Fußballvereinigung. Als er am Samstagabend aus dem VIP-Bereich des Bloomfield-Stadions in Jaffa kam, warteten etwa hundert Fans von Makkabi Haifa auf ihn und skandierten »Avi Luzon ist tot!«. Viele machen ihn offenbar für das das schlechte Abschneiden ihrer Mannschaft verantwortlich. Zu Beginn der Saison hatte er einer Änderung des Punktesystems in der Liga zugestimmt, durch die Haifa entscheidende Punkte fehlten. Irgendwie gelang es Luzon trotz der bedrohlichen Menschenmasse, in sein Auto zu flüchten, doch auch dort ließen die Randalierer nicht von ihm ab. Sie traten nach seinem Wagen, schlugen auf Karosserie wie Scheiben ein und verfluchten ihr Opfer weiter. Warum sich weder Einsatzkräfte der Polizei noch Bodyguards in seiner Nähe aufhielten, ist bislang ungeklärt. Luzon versuchte, den Vorfall anschließend herunterzuspielen: »Die meisten der Fans von Makkabi Haifa sind wunderbar, und die wenigen bösen Buben unter ihnen werden wir vor Gericht bringen.«
Konsequenzen Andere Offizielle im Fußball haben beschlossen, die zunehmende Gewalt nicht mehr hinzunehmen und zogen die Konsequenzen. Darunter Daniel Jammer, der deutsch-jüdische Geschäftsmann, der den kickenden Makkabianern des Küstenstädtchens Netanja nach eigenen Angaben mit 25 Millionen Dollar zum Erfolg verhalf. Dreieinhalb Jahre leitete er als Geldgeber die Geschicke, brachte sogar Lothar Matthäus mit, der sich hier als Trainer versuchte. Doch dann hatte Jammer genug. »Ich spüre keine Anerkennung«, sagte er bei der Bekanntgabe, dass er den Club früher als geplant abgeben wolle, »sondern fühle stattdessen so viel Wut und Hass gegen mich. Ich möchte Spaß bei dem haben, was ich tue.« In den ersten drei Jahren habe er seine Zeit in Netanja genossen, »nun aber höre ich Flüche und muss beschützt werden. Es ist Zeit zu gehen.«
So sieht es auch Alona Barkat. Die Eigentümerin des Teams von Hapoel Beer Shewa kündigte kürzlich an, dem Verein endgültig den Rücken zu kehren und gleichzeitig den Geldhahn zuzudrehen. Schlechte Zeiten für den Club in der Negev-Wüste, dem es seit Barkats Übernahme im Sommer 2007 relativ gut ging. Zwar sind die Roten es gewöhnt, dass Trainer vor dem Ende ihrer Vertragslaufzeit entnervt ihren Hut nehmen, doch bisher hatte es die Eigentümerin vermieden, es ihnen gleichzutun. Bis jetzt. Die Fans waren einfach zu weit gegangen: Nach einem Unentschieden gegen Achi Nazareth rasteten einige aus und verfolgten Trainer Guy Asuri in seinem Auto und drängten ihn von der Straße. Asuri hatte Glück, dass er unverletzt blieb. Am folgenden Tag legte er, sichtlich bewegt, seine Kündigung auf den Tisch.
Nur einen Tag darauf folgte Barkat: »Ich habe es mir gut überlegt. Aber ich kann mit diesem Club nicht weiter zusammenarbeiten, nachdem es in den letzten Monaten immer schlimmer wurde. Die Geschehnisse, die mit Asuris Kündigung zusammenhängen, haben Grenzen überschritten. Ich respektiere den Protest von Fans, doch sobald dieser zu Gewalt wurde, musste ich die Entscheidung treffen.«
Reaktionen Diese Saison ist zwar vorbei, fest steht jedoch, dass es für einige Clubs in der nächsten sehr schwer werden wird. Darunter Makkabi Netanja, Hapoel Beer Schewa und auch Beitar. Die offizielle Erklärung der israelischen Fußballvereinigung lautet: »Daniel Jammer und Alona Barkat haben Millionen von Dollar gegeben und verlassen die Clubs wegen extremer Gewalt.« Jüngst sagte ein Fußballkommentator im Fernsehen dazu: »Es ist schnell geschrien: ›Hau ab, du Loser!‹. Doch die Fans sollten aufpassen, was sie sich wünschen. Denn wie wir sehen, wird schnell traurige Wirklichkeit, was in den Stadien skandiert wird.«