Sie stehen an diesem Donnerstag schweigend in gelber Kleidung, mit Israelflaggen in der Hand, während der strömenden Regen niederprasselt. Die Menschen warten auf die Bestätigung der schlimmsten Nachricht, die sie nie erhalten wollten.
Bewohner von Karmei Gat, wo die Mitglieder des Kibbuz Nir Oz derzeit leben, stehen an den Straßenrändern und halten am Morgen eine Schweigeminute ab, als dem Land einer der schwersten Tage in der Geiseltragödie bevorsteht. Die Leichen von Oded Lifshitz sowie Shiri Bibas und ihren zwei kleinen Kindern Ariel und Kfir werden aus der Geiselhaft der Hamas in Gaza nach Israel überführt. Shiri war 32 Jahre alt, als sie entführt wurde, Ariel vier Jahre und Kfir gerade einmal neun Monate alt.
Auch auf den Platz der Geiseln sind Menschen aus dem ganzen Land gekommen, um die Solidarität mit den Verschleppten zu bekunden und mit den Familien Lifshitz und Bibas zu trauern. Viele haben orangefarbene Luftballons dabei, in Erinnerung an die rothaarigen Kleinkinder Ariel und Kfir.
Die kleinen Jungen gehörten zu den bekanntesten Opfern
Die kleinen Jungen gehören zu den bekanntesten Opfern des Hamas-Massakers. Kfir war ein Baby, als ihn Terroristen auf dem Arm seiner Mutter Shiri nach Gaza verschleppten. Kfirs Foto, auf dem er einen rosafarbenen Plüschelefanten in den Händen hält, ging um die Welt.

Ihr Vater Yarden Bibas war Anfang des Monats nach 484 Tagen aus der Geiselhaft in Gaza befreit worden. Bis zuletzt hatte die Familie verzweifelt an der Hoffnung festgehalten, dass es doch noch gute Nachrichten geben werde. »Bitte bringt meine Familie und all meine Freunde zurück«, hatte Yarden einen Tag nach seiner Freilassung gefleht. Die Bestätigung am Mittwoch, dass die Leichen zurückgeführt werden sollen, habe alle Angehörigen zutiefst schockiert. Sie baten darum, dass bis zur Identifizierung »niemand Nachrufe auf unsere Familie veröffentlicht«.
In einer Erklärung des Forums für die Familien von Geiseln hieß es: »Diese Nachricht schneidet wie ein Messer durch unsere Herzen, die Herzen der Familien und die Herzen der Menschen auf der ganzen Welt. Mit großer Trauer haben wir von der Rückkehr von Shiri, Kfir und Ariel Bibas sowie Oded Lifshitz erfahren, die lebend entführt wurden und tot zur ewigen Ruhe nach Israel zurückkehren werden.«
Yitzhar Lifshitz: »Für niemanden ist es heute vorbei, auch wenn das Ende so tragisch ist. Wir beten und kämpfen weiter für die Geiseln und die Gefallenen, die noch in Gaza sind und zurückgebracht werden müssen.«
Einen Tag zuvor, als die Nachricht bestätigt worden war, sprach Yitzhar Lifshitz im Armeeradio über seinen Vater Oded und die Bibas-Familie: »Sie mussten auf tragische und qualvolle Weise sterben – ohne ihre Familien an ihrer Seite, ganz allein.« Die Wut darüber, fügt er hinzu, »wird uns für immer begleiten«.

»Für niemanden ist es heute vorbei, auch wenn das Ende so tragisch ist. Wir beten und kämpfen weiterhin für die Geiseln und die Gefallenen, die noch in Gaza sind und zurückgebracht werden müssen.« Anschließend veröffentlichte die Familie eine Erklärung: »Dies sind keine einfachen Zeiten für uns. 502 Tage lang haben wir auf ein anderes Ende gehofft und gebetet, aber bis wir absolute Gewissheit haben, ist unsere Reise nicht zu Ende.« Und selbst danach werde sie weiterkämpfen, »bis auch die letzte Geisel zurückkommt«.
Der damals 83-jährige Lifshitz wurde bei dem Blutbad der Hamas am 7. Oktober 2023 aus seinem Haus im Kibbuz Nir Oz gerissen. Auch seine Frau Yocheved wurde an diesem Tag separat entführt und 16 Tage später von der Hamas freigelassen. Anschließend setzte sie sich ständig dafür ein, dass ihr 83-jähriger Mann lebend zurück nach Hause kommt. Vergeblich.
Weiterhin 70 Geiseln in der Gewalt der Hamas
Am Mittwoch sagte der israelische Premierminister: »Morgen wird ein sehr schwerer Tag für den Staat Israel. Ein herzzerreißender Tag, ein Tag der Trauer. Wir bringen vier unserer geliebten Geiseln nach Hause, die verstorben sind. Wir umarmen die Familien, und das Herz der gesamten Nation ist zerrissen. Mein eigenes Herz ist zerrissen. Das Ihre auch. Und das Herz der ganzen Welt sollte zerrissen sein, denn dies zeigt, mit wem wir es zu tun haben, womit wir es zu tun haben – mit solchen Monstern.«
»Wir trauern, wir leiden, aber wir sind auch entschlossen, dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert«, hob Netanjahu hervor.
An diesem Donnerstag befinden sich 70 der 251 Geiseln, die Terroristen verschleppten, noch im Gazastreifen, darunter mindestens 35 Leichen, deren Tod von den israelischen Sicherheitskräften bestätigt wurde.
Der israelische Präsident Isaac Herzog schrieb auf X: »Qual. Schmerz. Es gibt keine Worte. Unsere Herzen – die Herzen einer ganzen Nation – liegen in Fetzen. Im Namen des Staates Israel senke ich mein Haupt und bitte um Vergebung. Vergebung, dass ich euch an diesem schrecklichen Tag nicht beschützt habe. Vergebung, dass ich euch nicht sicher nach Hause gebracht habe. Möge ihre Erinnerung ein Segen sein.«