Es führt die Welt des Internets ad absurdum. Und hat doch für die Erfinder richtig Sinn. Jacob Shwirtz und Asael Kahana stellen mit ihrer Geschäftsidee »Tweetbookz« das soziale Netzwerk Twitter auf den Kopf – und finden überhaupt nichts dabei. Aus den kurzlebigen Mini-Nachrichten in der virtuellen Welt, genannt Tweets, machen die beiden Tel Aviver gedruckte Werke für die Ewigkeit.
Tweetbookz sei die Antithese zum Twittern, das gestehen die beiden unumwunden ein. »Und gerade deshalb ist es so interessant«, meint Shwirtz, der vor sechs Jahren aus New York nach Israel kam. »Eigentlich war das Tweetbook eines Abends als Witz entstanden. Doch wir merkten schnell, dass es mehr als ein Gimmick ist.« Gemeinsam mit seinem Freund und Geschäftspartner Kahana, einem gebürtigen Israeli, betreibt er die Firma »Definitely Something« mit Sitz in Tel Aviv. Hier twittern die beiden tagein, tagaus, was das Zeug hält. Das ist ihr Job. Für verschiedene Firmen entwerfen sie Homepages und be-
treuen die Webseiten des sozialen Networking. Darunter MTV. Der Musiksender bot den beiden ein lukratives Angebot mit Umzug in die USA an. Doch Shwirtz (30) und Kahana (35), beide aus der Computerbranche, wollen in Israel bleiben, »aus zionistischen Gründen«. Sämtliche Arbeit könnten sie auch von hier aus machen, boten sie MTV an. Und die akzeptierten.
Informationen Nun wollen die beiden vom jüdischen Staat aus ihre Tweetbookz in alle Welt vertreiben. Nicht jeder ist Twitterfan und kritisiert, dass es in unserer überdimensional vernetzten und gläsernen Welt ohnehin zu viele Informationen gibt. Muss man wirklich wissen, was der Nachbar gestern zu Mittag gegessen hat? Fakt ist jedoch, die Twittergemeinde wird täglich größer. Viele Hollywood-Berühmtheiten, darunter Demi Moore, Teeniestar Miley Cyrus und Oprah Winfrey geben ständig auf diese Weise Einblicke in ihr tägliches Leben. Sogar US-Präsident Barack Obama twittert mit. Und längst senden sogar seriöse Nachrichtenquellen wie CNN oder die israelische Armee aktuelle Meldungen per Twitter.
Tweets »Wenn es gut für sie ist, warum dann nicht für uns?«, fragt Kahana, dessen Großvater übrigens Kalman Kahana ist, einer der Mitbegründer des Staates, der einst in Berlin studierte. Selbstverständlich sei Twitter für die virtuelle Welt gemacht. Da lassen die Computerfreaks keinen Zweifel offen. Eingetippt und Sekunden später schon wieder vergessen. Der Großteil der Tweets, die lediglich bis zu 140 Zeichen lang sein dürfen, ist wenig aufbewahrenswert und kann getrost für immer in den Weiten des Internet verschwinden. Aber eben nicht alles. »Es ist ein Klischee, dass es sich ausschließlich um Nichtigkeiten dreht, die niemanden interessieren«, sagt Kahana. »Es gibt vieles, das wertvoll ist. Das sollte dann von der virtuellen in die reale Welt überführt werden.«
Und da greift ihre Idee: Die Bücher können etwa aus Poesie entstehen in der Art der japanischen Kurzgedichte Haiku, aus Witzen, Gedanken zu besonderen Geschehnissen oder netten Begebenheiten, so Shwirtz. Während viele meinen, das schnelllebige Internet sei nicht für Romantik geschaffen, ist ein Tweetbook durchaus ein gefühlvolles Geschenk für den oder die Liebste aus der Twittergeneration, sind die Erfinder sicher.
eINTRÄGE 200 aufeinanderfolgende Twitter-Einträge erscheinen schließlich auf Papier. Es besteht die Möglichkeit, Tweets zu löschen, die nicht im Buch stehen sollen. Jeweils der ältere Eintrag rückt dann nach. Jedes Tweetbook hat 200 Seiten, auf der je ein Eintrag steht. Kahana erklärt: »Das haben wir bewusst so entschieden. Denn es soll kein umfassendes Archiv aufgebaut werden, sondern jedem Tweet die Bedeutung einer einzelnen Seite erlaubt werden. Am Ende steht ein kleines, ganz persönliches Werk der Inspiration«.