Archäologen der israelischen Antikenbehörde haben bei Grabungen im Jerusalemer Süden mehrere dekorierte Steinkapitelle aus der Zeit des Ersten Tempels gefunden.
Der Fundort und die dekorative Gestaltung der Steinplatten spreche dafür, dass sie zu einem Palast gehörten, erklärte der Jerusalemer Bezirksleiter der israelischen Antikenbehörde, Jakob Billig, am Donnerstag vor Medienvertretern. Die Grabungen erfolgten in Vorbereitung auf die Errichtung eines Besucherzentrums an der Armon-HaNatziv-Promenade.
RUINEN Gefunden wurden die drei mittelgroßen Kapitelle sowie weitere architektonische Dekorelemente in der Nähe von Ruinen einer herrschaftlichen Struktur. Während das ganze Areal von Zerstörung geprägt sei, hätten die Kalksteine in außergewöhnlichem Erhaltungszustand übereinandergestapelt unter der Erde gelegen. »Es ist eindeutig, dass jemand die Steine bewusst begraben hat«, so Billig.
Die Datierung in die Zeit zwischen den biblischen Königen Hiskia und Josia deutete der Archäologe als Hinweis für den Wiederaufbau der Stadt Jerusalem nach der assyrischen Belagerung.
Keramik- und weitere Funde in der archäologischen Schicht lassen laut dem Archäologen darauf schließen, dass die Kapitelle aus der Zeit zwischen 700 und 600 vor der Zeitrechnung stammen. Mittels der sogenannten optisch stimulierten Lumineszenz (OSL), einem Verfahren, bei dem die letzte Sonnenlichteinstrahlung auf bestimmten Materialien gemessen wird, hoffen die Forscher auf eine genauere Datierung.
Die Datierung in die Zeit zwischen den biblischen Königen Hiskia und Josia deutete der Archäologe als Hinweis für den Wiederaufbau der Stadt Jerusalem nach der assyrischen Belagerung unter König Hiskija im Jahr 701 v.d.Z.. Dafür sprächen auch der kürzlich gefundene Palast in Ramat Rachel sowie der Fund eines Verwaltungszentrums im Stadtteil Arnona. Alle drei Gebäude lagen außerhalb der Stadtmauer.
PALAST Der Fundort spricht laut Billig für ein bedeutendes Anwesen. Armon HaNatziv bedeutet übersetzt Gouverneurspalast, nach dem Hauptquartier des Hochkommissars für Palästina, das die Briten während der Mandatszeit an der strategisch wichtigen Stelle mit Blick über das Himnon-Tal, die Altstadt und den Ölberg einrichteten. »Der Ort und der Stil des Palastes deutet darauf, dass sich nicht einfach um reiche Leute handelte, sondern um sehr reiche und sehr einflussreiche Menschen gehandelt hat«, so Billig. Er halte es für »ein königliches Anwesen«.
Kleinere, ähnlich verzierte Steine dienten nach Einschätzung des Archäologen zum Schmuck von Fenstern und hatten keine archäologische Funktion.
Stilistisch handelt es sich nach Angaben der Archäologen um proto-äolische Kapitelle, die zu den bedeutendsten Merkmalen königlicher Bauten aus dieser Zeit zählen. Das künstlerische Motiv repräsentiere das Königreich Judah. Außergewöhnlich sind die Funde demnach auch, weil die Steine nicht nur wie sonst üblich an der zum Betrachter zugewandten Seite, sondern beidseits dekoriert sind.
Die Größe der beiden Kapitelle, die Billig im Vergleich zu ähnlichen Funden an anderen Orten als mittelgroß beschreibt, spreche dafür, dass sie als dekorativer Abschluss von Steinsäulen genutzt wurden, etwa in einem Innenhof. Kleinere, ähnlich verzierte Steine dienten nach Einschätzung des Archäologen zum Schmuck von Fenstern und hatten keine archäologische Funktion.
Die Funde sollen für einige Tage in der Davidstadt südlich der Jerusalemer Altstadt zu sehen und Thema bei einer Online-Konferenz am 8. September sein. kna/ja