Die Vorwürfe, die gegen den Gründer des Rettungsdienstes Zaka erhoben werden, wiegen schwer. Yehuda Meshi-Zahav wird bezichtigt, jahrelang Frauen und Kinder sexuell missbraucht haben. Status, Macht und Geld hätten ihm dabei geholfen, heißt es in israelischen Medien. Mittlerweile hat die Polizei gegen den ultraorthodoxen Mann offiziell Ermittlungen aufgenommen.
ISRAEL-PREIS Die israelische Tageszeitung Haaretz hatte als erste über die Vorwürfe berichtet. Nur wenige Tage zuvor war bekannt geworden, dass Meshi-Zahav mit dem Israel-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden soll. Nach der Veröffentlichung erklärte er, dass er auf die höchste Ehre des Staates Israel verzichten wolle.
Auch trat er vorübergehend von der Leitung des Rettungsdienstes zurück, den er vor fast drei Jahrzehnten ins Leben gerufen hatte. In einem offenen Brief an die Volontäre von Zaka schrieb er jetzt: »Aus Sorge um die heilige Organisation, die ich mit meinen zwei Händen gebaut habe, und weil ich weiß, wie essenziell sie für die Gesellschaft unseres Landes ist, ziehe ich die eindeutigen Konsequenzen aus diesem großen Sturm – sogar, obgleich diese Geschichten unbegründeter Tratsch sind, um eine Rechnung mit mir zu begleichen.«
»Ich bin gezwungen, eine Auszeit von meinen Verpflichtungen als Vorsitzender zu nehmen, bis sich die Wolken verzogen haben.«
Yehuda Meshi-Zahav
»Zunächst werde ich enorm viel mentale Kraft für diesen Kampf benötigen und sehe mit Qualen, welcher Schaden dieser bedeutenden Organisation, ihren Aktivitäten und den 4000 engagierten Freiwilligen zugefügt wurde. Durch die Situation, in der ich mich befinde, bin ich gezwungen, eine Auszeit von meinen Verpflichtungen als Vorsitzender zu nehmen, bis sich die Wolken verzogen haben.«
In dem ursprünglichen Bericht von Haaretz wurden sechs Opfer zitiert, die über vermeintliche sexuelle Übergriffe von Meshi-Zahav berichteten, die bis in die 1980er-Jahre zurückreichen sollen. Einige der Betroffenen seien zur Zeit der Geschehnisse minderjährig gewesen.
In den vergangenen Tagen jedoch hätten sich mehr als zehn weitere Personen mit Vorwürfen gemeldet, heißt es in Fernsehberichten. Die Polizei wolle sich auf das vergangene Jahrzehnt konzentrieren, »um einen Fall zu haben«. Die meisten Vorfälle seien bereits verjährt.
MANGEL Vor einigen Jahren hatte die Polizei schon einmal eine Untersuchung gegen Meshi-Zahav eingeleitet, nachdem sich eine Frau wegen sexueller Übergriffe beschwert hatte. Allerdings weigerte sie sich anschließend, Anzeige zu erstatten. Aus Mangel an Beweisen wurde das Verfahren daraufhin eingestellt.
Shana Aaronson, die Vorsitzende von Magen, einer Organisation, die sich um Opfer sexuelle Übergriffe kümmert, sagte zu Wochenbeginn im Armeeradio, dass sie bereits vor einigen Jahren zum ersten Mal Gerüchte über Meshi-Zahav gehört habe, »aber es gab niemanden, der bereit war zu reden«. Erst vor wenigen Monaten hätte Magen konkrete Erfahrungsberichte erhalten.
Die Polizei ließ wissen, es gebe eine »große Lücke« zwischen den Aussagen, die Journalisten zu hören bekommen haben und jenen, die von den Ermittlungsbehörden gesammelt wurden.
Die Polizei ließ wissen, es gebe eine »große Lücke« zwischen den Aussagen, die Journalisten zu hören bekommen haben und jenen, die von den Ermittlungsbehörden gesammelt wurden. Daher werden die Ermittlungen Zeit brauchen.
VERMITTLER Meshi-Zahav ist eine prominente Person in der israelischen Gesellschaft. Der charedische Mann gilt als Vermittler zwischen Ultraorthodoxen und Säkularen, Juden und Arabern. Für seine Rolle als Kritiker der eigenen ultrareligiösen Gemeinde, vor allem der Rabbiner, die die Corona-Pandemie herunterspielten, war er in den vergangenen Monaten verstärkt in die Schlagzeilen geraten.
Im Januar erlagen innerhalb von wenigen Tagen seine Mutter und sein Vater an den Folgen von Covid-19. Einige Wochen zuvor war auch sein jüngerer Bruder Mosche gestorben.
STELLUNGNAHME Eine Stellungnahme von Meshi-Zahav in Haaretz lautet: »Es scheint mir, als wäre Haaretz den Leuten mit wirtschaftlichen Interessen zum Opfer gefallen, die schon lange versuchen, mir zu schaden. Hinzu kommen extremistische Segmente in der ultraorthodoxen Gemeinde, die verärgert über meinen ungewöhnlichen Weg sind.«
Un weiter: »Diese Gruppen haben einen Rachefeldzug gegen mich gestartet, unter anderem, weil meine Kinder in die Armee gehen, zwei von ihnen in Kampfeinheiten. Und weil ich, wenn ich die Fackel am Unabhängigkeitstag entzünde, sage: ›für die Ehre des Staates Israel‹. All dies kommt zur Kritik hinzu, die ich gegen die extremistischen Anführer in der charedischen Gemeinschaft äußere«.