»Niemals zu warm für die Beschneiung«, lautet der Slogan, mit dem es der israelischen Firma IDE Technologies gelungen ist, Weltmarktführer in Sachen Schneeproduktion zu werden. Auch im russischen Sotschi, wo am 7. Februar die Olympischen Winterspiele eröffnet werden, wurden vom Organisationskomitee für die alpinen Ski-, Langlauf- und Biathlonwettbewerbe Schneemaschinen aus Israel geordert.
Was aus der riesigen Maschine namens »All Weather Snowmaker« herauskommt, »fühlt sich genauso an wie echter Schnee«, teilt die Firma stolz mit. »Die Schneekristalle haben einen Durchmesser von weniger als 1,0 Millimeter.« Der Snowmaker ist wesentlich größer als eine übliche Schneekanone. Optisch erinnert er an ein Getreidesilo. Zwölf Meter hoch, 30 Tonnen schwer, produziert er noch bei einer Außentemperatur von 30 Grad Schnee. Und zwar echten Schnee, physikalisch betrachtet.
Der All Weather Snowmaker kann in 24 Stunden, heißt es bei der Firma, »bei beliebiger Umgebungstemperatur bis zu 1720 Kubikmeter umweltfreundlichen und qualitativ hochwertigen Schnee erzeugen«. Diese Tagesproduktion reicht für eine etwa 100 Meter lange Abfahrtspiste: Wenn die Maschine schon Monate vor dem Ereignis angeworfen wird, kann so mühelos eine große Menge Boden weiß bedeckt werden.
mittelmeer Zehn Kilometer von Tel Aviv entfernt, in der Kleinstadt Ramat HaSharon, wird der Snowmaker hergestellt. Was auf den ersten Blick kurios erscheint, gehorcht einer nachvollziehbaren Logik: Ramat HaSharon liegt nahe dem Mittelmeer, Sotschi an der als subtropisch geltenden Schwarzmeerküste. Dennoch sind aus beiden Städten in wenigen Stunden Skigebiete zu erreichen: der Berg Hermon in Israel, und in Russland Krasnaja Poljana, das auch nicht sehr hoch liegt und entsprechend kaum schneesicher ist.
Seit 2012 beliefert IDE auch renommierte Skiorte in den Alpen, die mithilfe israelischer Technik ihre Skisaison früher beginnen können. Das schweizerische Zermatt hat für seinen – wegen Gletscherrückgang kleiner werdenden – Theodulgletscher eine Maschine geordert, um das Sommerskivergnügen aufrechtzuerhalten. Auch in Deutschland, an der Zugspitze, hat man sich für die israelische Schneeproduktion entschieden. Schon vor fünf Jahren suchten die russischen Sotschi-Organisatoren den Kontakt zu IDE. Am Pitztal-Gletscher traf man sich zur Vorführung. Sogar der Präsident des russischen Olympischen Komitees, Leonid Tyagachev, reiste persönlich nach Tirol, um sich überzeugen zu lassen.
Entwickelt wurde die Technik aber nicht von Spinnern oder – hübscher formuliert –Visionären, die aus Israel eine Wintersportnation machen wollen. Die Snowmakertechnologie ist vielmehr ein Nebenprodukt der Meerwasserentsalzung, an der israelische Ingenieure – etwa, um Eilat am Roten Meer mit ausreichend Trinkwasser versorgen zu können – seit den 60er-Jahren arbeiten. Der Firmenname IDE ist die Abkürzung für Israel Desalination Enterprises, steht also für Entsalzung.
Goldmine Die Entstehungsgeschichte der Snowmaker-Maschine ist kurios: Im Jahr 2005 hatte IDE in Südafrika in einer Goldmine eine Kühleinrichtung installiert. Einer der Ingenieure, Avraham Ophir, bemerkte, dass das dort produzierte Eis eigentlich Schnee ist. Ophir stammt aus Polen und war mit seinem Vater auf der Flucht vor den Nazis in die Sowjetunion gegangen, wo sie nach Sibirien deportiert wurden. Dort hatte Ophir Skifahren gelernt.
»Moshe, besorg mir Ski«, rief Ophir in der Goldmine seinem Ingenieurkollegen Moshe Tessel zu, der noch nie Schnee gesehen hatte. »Ich kann darauf fahren.« Die beiden liehen in Johannesburg Skier, und Ophir, damals schon 72 Jahre alt, legte eine bemerkenswerte Slalom-Demonstration hin. Israelische und südafrikanische Zeugen sollen sehr gestaunt haben.
Tessel und Ophir waren so begeistert von ihrer Entdeckung, dass sie einen finnischen Olympia-Skitrainer, den sie via Google gefunden hatten, einfliegen ließen: Der schnallte sich ebenfalls Skier an, fuhr den künstlichen Schneeberg hinab und bestätigte die exzellente Qualität des Schnees.
So begann die Erfolgsgeschichte des IDE Snowmakers, die ihren nächsten Höhepunkt bei den Skiwettbewerben von Sotschi haben soll – für den nicht unwahrscheinlichen Fall, dass in dem Badeort nicht genügend Schnee fällt. Ophir sagte einem amerikanischen Reporter: »Wir haben es geschafft, den Eskimos Schnee zu verkaufen.« Und Tessel ergänzte: »Nun wollen wir die Beduinen mit Sand beliefern.«