Gedenken

»Schmerz ist Schmerz - damals wie heute«

Seit vielen Jahren ist es in Israel am Jom Haschoa Tradition, unter dem Motto »Zikaron be’Salon« (Erinnerung im Wohnzimmer) in kleinen Gruppen den Berichten von Holocaust-Überlebenden zuzuhören und gemeinsam zu erinnern. Im ganzen Land finden seit Sonntagabend Gedenkzeremonien statt, die zentrale wird in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem abgehalten.

Bei vielen Veranstaltungen wurden die schrecklichen Erinnerungen der Überlebenden mit dem Schicksal der Geiseln vom 7. Oktober verbunden, die noch immer von der Hamas in Gaza gefangen gehalten werden.

»Es ist eine Pflicht, bei den Familien der Geiseln zu sein, ihren Herzschlag zu spüren, die Hoffnung zu teilen, ihren Schrei mitzuschreien und zu sagen: ›Wir sind hier‹«, so Rabbi Benny Lau, der auf dem Platz der Geiseln in Tel Aviv durch den Abend leitete. Auch er ist Sohn von Holocaust-Überlebenden. Einige Tausend hörten den Erzählungen zu.

Auf der Bühne stand ein leerer gelber Stuhl

Auf der Bühne, neben einem leeren gelben Stuhl, der symbolisch für die Geiseln stand, saß auch Hannah Gofrit, die 1949 nach Israel kam. Sie nennt sich nicht »Überlebende, sondern Siegerin«. Die 88-Jährige, die von ihrem vierten bis zum zehnten Lebensjahr im Holocaust war, erzählte von ihrer Geschichte, die sie in dem Kinderbuch Ich will fliegen wie ein Schmetterling aufschrieb. Sie resümierte: »Ich hatte das Privileg, nach Israel zu kommen, mein Leben wiederzubeleben und ein Zuhause aufzubauen. Deshalb bin ich eine Siegerin.« Doch »Schmerz ist Schmerz, egal, ob er damals in Polen gefühlt wurde oder heute hier«.

Ein Video, das eingespielt wurde, zeigte Gofrit mit Kindern aus einem der Kibbuzim, die von der Hamas zerstört wurden. Sie versprach ihnen, dass »es ein Leben danach gibt«. Dann forderte sie die Freilassung aller Geiseln und fügte den Schlachtruf der Familien hinzu: »Jetzt!«

»Ich hatte das Privileg, nach Israel zu kommen, mein Leben wiederzubeleben und ein Zuhause aufzubauen. Deshalb bin ich eine Siegerin.«

schoa-überlebende hannah gofrit

Neben Gofrit saß Omri Shtivi, der Bruder von Idan Shtivi, der beim Nova-Rave von Terroristen entführt wurde. Auch die Shtivis sind Enkel von Schoa-Überlebenden. Die wären sicherlich stolz, ihn dort zu sehen, doch sie würden sich auch »in ihren Gräbern umdrehen, wenn sie von der unerträglichen Lage wüssten, in der wir stecken«, sagte er. Denn das Leben sei wie ein nicht enden wollender Albtraum für ihn und die ganze Familie. Die Geiseln zu befreien, sei eine moralische Frage.

Shtivi las eine Geschichte seiner Großmutter vor. Eines Tages seien Nazi-Soldaten ins Haus gekommen und hätten versucht, ihren Bruder mitzunehmen. Doch der Vater habe sich schützend vor ihn gestellt und den Jungen so gerettet. »Doch am 7. Oktober war niemand da, um Idan zu retten.«

Auch Tzipi Ohel hat den Holocaust überlebt. Sie wurde in Berlin geboren und kam 1949 mit einem Schiff nach Israel. Sie ist die Großmutter von Alon Ohel (22), der ebenfalls von Terroristen von der Party im Kibbuz Re’im entführt wurde. Sie sprach voller Liebe über ihren Enkel, dessen Gesicht auf ihrem T-Shirt prangte: »Er ist ein großartiger junger Mann, ein begabter Klavierspieler, ein wunderbarer Freund.«

Holocaust-Überlebende fordern Freilassung der Geiseln

Seit sieben Monaten würde sie jeden Tag aufwachen und denken, dass heute ein Wunder geschieht und Alon wieder da ist. »Doch es ist noch nicht geschehen.« Die Geiseln müssen nach Hause kommen, »damit es uns wieder gut gehen kann – uns allen in diesem Land«.  

Am Ende des Abends sprachen drei weitere Überlebende der Schoa in einer Videoaufnahme zum Publikum. Batia Rapaport, Überlebende des Warschauer Ghettos, sagte darin: »Damals hatten wir kein Zuhause – hier haben wir heute einen Staat.« Der müsse »jede einzelne Seele zurückholen, egal, in welchem Zustand«, meinte der Auschwitz-Überlebende Tommy Schechem. Schimon Winzigster pflichtete ihm bei: »Es geht nicht darum, ob es sich lohnt oder was es kostet. Es gibt keinen Zweifel daran. Ohne Wenn und Aber.«

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