In der Not finden sie vielleicht doch zusammen. Vor dem Hintergrund der Gesundheitskrise wegen des gefährlichen Virus COVID-19 haben Politiker in Israel vor, eine Einheitsregierung zu bilden.
Derzeit sind Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (Likud) und Oppositionsführer Benny Gantz von der Zentrumsunion Blau-Weiß dazu bereits zum zweiten Mal in Gesprächen.
Befugnisse Seit der Auflösung der Knesset im Dezember 2018 herrscht in Jerusalem politischer Stillstand. Die rechts-religiöse Koalition um den Likud ist als Übergangsregierung implementiert, die lediglich eingeschränkte Befugnisse hat.
Was drei Wahlen nicht geschafft hatten, könnte durch die Bedrohung des Coronavirus geschehen. Netanjahu hatte am Donnerstag während einer Pressekonferenz zu neuen Maßnahmen für die Virusbekämpfung auch zu einer breiten Koalition aufgerufen.
Es soll jedoch lediglich eine Notfallregierung mit zeitlicher Begrenzung sein. Man müsse nun »handeln, ohne zu zögern«, so der Premier. »Zusammen können wir die Leben von Zehntausenden Bürgern retten.«
Es soll jedoch lediglich eine Notfallregierung mit zeitlicher Begrenzung sein.
Gantz antwortete, dass seine Partei »den gemeinschaftlichen Kampf gegen die Ausbreitung des Cornavirus unterstützt«. Man werde der Bevölkerung staatsmännisch und verantwortlich dienen. Während des rasch anberaumten Treffens zwischen Netanjahu und Gantz machte Letzterer klar, man sei bereit, eine nationale Notfallregierung zu gründen, »die alle Vertreter des Hauses umfasst«.
Kontroversen Ohne Kontroversen geht die Einrichtung aber nicht vonstatten, denn kurz darauf gab es eine Erklärung aus dem Büro des Premiers. Die machte ohne Umschweife klar, dass »Terrorunterstützer kein Teil dieser Regierung sein können. Weder unter normalen Umständen noch im Notfall«.
Eindeutig geht es dabei um die Abgeordneten des Bündnisses Vereinte Arabische Liste, die bei der vergangenen Knessetwahl 15 Mandate gewonnen hatten. Die drittgrößte Fraktion im israelischen Parlament besteht aus drei separaten Parteien, von denen Balad als extremste Gruppierung gilt.
Während sich Gantz und andere Mitglieder von Blau-Weiß nach den Wahlen vom Februar mit Vertretern der arabischen Parteien getroffen hatten, um über ihre Unterstützung für eine Mitte-Links-Minderheitenregierung zu sprechen, hatte Netanjahu die Politiker während der vergangenen drei Wahlen wiederholt zu Feinden erklärt und jegliche Zusammenarbeit mit ihnen kategorisch ausgeschlossen.
Auch Gantz hatte vor dem Urnengang betont, keine Regierung mit arabischer Beteiligung bilden zu wollen, anschließend jedoch zumindest in puncto Unterstützung von außen durch die Vereinte Arabische Liste eingelenkt.
Präsident Rivlin hieß die Initiative von Netanjahu, eine Notfall-Einheitsregierung zu bilden, willkommen.
Ebenso hatte Blau-Weiß klargemacht, dass man »niemals eine Koalition mit einem Premier unter Anklage formieren« werde. In israelischen Medien werden Quellen aus dem Bündnis zitiert, wonach eine Notfallregierung aber kein Einknicken bedeute, sondern die Einheit unter ganz konkreten Bedingungen stattfinden solle.
»Im Hinblick auf die dramatischen Entwicklungen wegen des Coronavirus ist sie nicht zu vermeiden. Aber wir würden ein komplettes Einfrieren einer ganzen Reihe von kontroversen Vorschlägen fordern, die der Likud kürzlich eingebracht hatte.« Netanjahu ist in drei Fällen wegen Korruption angeklagt.
Knessetsprecher Zudem hat das Bündnis offenbar vor, den amtierenden Knessetsprecher Yuli Edelstein zu ersetzen, und fordert Neuwahlen für das Amt. Edelstein (Likud) hatte vor den Wahlen verhindert, dass ein Immunitätsgesuch von Netanjahu abgelehnt wird. Mit einem Ersatz aus dem Mitte-Links-Lager könnte der Antrag von Blau-Weiß, wonach ein Ministerpräsident unter Anklage keine Regierung bilden darf, angenommen werden.
Präsident Reuven Rivlin hieß die Initiative von Netanjahu, eine Notfall-Einheitsregierung zu bilden, willkommen, dankte Gantz für seinen Willen beizutreten und unterstrich: »Wir müssen alles tun, um uns auf die wichtigen Aufgaben zu konzentrieren, die jetzt erledigt werden müssen.«